Hauptzwecke der Anstalt das wissenschaftliche und künstlerische Studium
ist, als das Durchwandern der Sammlungssäle allein. Außerdem wurden
aus der jetzt rund 12.000 Nummern zählenden kunstwissenschaftlichen
und technologischen Bibliothek, aus der reichen Sammlung von Original-
stichen, Reproductionen und Aufnahmen an Schulen, Kunstgewerbe-
treibende und Private in Wien und den Provinzen mehr als 2000 Nummern
leihweise überlassen, während immerfort auch ausgeführte Gegenstände
für Provinzialausstellungen oder besondere Zwecke ausgeliehen werden.
Die Liberalität im Zugänglichmachen der Besitzthümer des Museums,
die unseres Wissens nicht Ihresgleichen hat, ermöglicht eine viel weitere
und eindringlichere Einflussnahme, als durch den täglichen Anschauungs-
unterticht zu erreichen wäre, und die Geräuschlnsigkeit solcher Thätigkeit
raubt ihr nichts von ihrer Verdienstlichkeit, die auch von genaueren Be-
obachtern vollauf gewürdigt wird.
Dem alten Wunsche aller Fachmänner, mit der Zeit die nach Stoff
und Arbeitsart geordneten Sammlungen durch culturhistorische Gruppirung
zu ergänzen, hat erst kürzlich Custos Leisching in einem Vortrage in
unserem Museum Ausdruck gegeben, und auch Julius Lessing erkennt
seine Berechtigung den Ausführungen im wPan-x gegenüber an; aber Beide
fordern weder die Verdrängung des alten Systems durch ein neues, noch
halten sie den Wechsel für leicht und bald durchführbar. Bei den Raum-
und Geldverhältnissen selbst der größten Museen ist die Bildung von
geschlossenen, je ein Zeitalter darstellenden Räumen, natürlich neben der
Vorführung der Stilentwicklung auf den einzelnen Arbeitsgebieten, vorläufig
ausgeschlossen. Nur in einem neuen, eigens dafür construirten Gebäude,
wie dem der nIndustri-Foreningenu in Kopenhagen, konnte dieser Versuch
gemacht werden, über dessen Erfolg uns noch kein Urtheil zusteht. Aber
eben dort vergegenwärtigt das in seiner Art einzige Rosenborg-Museum
die große Schwierigkeit des Unternehmens. Dort sind bekanntlich in
einzelnen Sälen die werthvollsten und wichtigsten Einrichtungsstücke aus
der Zeit je eines Königs seit Christian IV. vereinigt, meistens aus dessen
persönlichem Besitze, jedoch aus anderen Schlössern ergänzt. Und eben
die Herkunft gibt den Sammlungen einen nicht allein nationalen Cha-
rakter, eine Vorstellung von dem bürgerlichen Leben in der betreffenden
Periode können sie nicht geben. Und welches in unseren Tagen gegrün-
dete Museum, auch das mit Objecten und Mitteln am reichsten ausge-
stattete, wäre in der Lage, eine Zeit auch nur annähernd vollständig und
treu zu repräsentiren, selbst wenn auf Echtheit von Vorneherein verzichtet
und jede Lücke durch Copien ausgefüllt werden sollte! Der Gedanke
braucht deswegen nicht aufgegeben zu werden, aber zur Vorbereitung
würden viel Zeit und große Summen erforderlich sein. Man erinnert
sich wohl noch, dass die Kronprinzessin von Preußen vor einer Reihe
von Jahren die Forderung aufstellte, die aus der ganzen Welt, vorzugs-
weise aus Italien, erworbenen Kunstwerke sollten in einer Umgebung auf-