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die eingelegten Fußböden im fürstlich Liechtenstein'schen Majoratsgebäude
und im Palais Rothschild, welche die bekannte Firma Leistler herge-
stellt hat. (Muster in den Sammlungen des k. k.Technol. Gewerbemuseums.)
Unter den Franzosen oder vielmehr unter denjenigen Marqueteuren,
die in Paris arbeiteten, ist zunächst ein Schüler des bekannten Boulle
zu nennen: Johann Franz Öben, einer der berühmtesten Hofebenisten
Ludwigs XV.
Zu noch größerem Rufe brachte es aber Johann Heinrich Riesener,
ein Rheinländer, der bei Oben - ebenfalls einem Ausländer - in der
Lehre stand und hier Gelegenheit hatte, sich an den für den französischen
Hof auszuführenden Werken zu bilden. (Siehe: A. de Champeaux,
nLe meuble: II; vUart pour tousu; XVilliamson, nLe mobilier nationale.)
Nach seines Meisters Tode erhielt er nicht allein den Titel: nEbeniste
du Roiß, sondern er arbeitete auch thatsächlich zumeist für die könig-
lichen Schlösser, für Fontainebleau, für Trianon und Compiegne.
Wenn wir nun, fast an letzter Stelle, noch einer französischen Arbeit,
d. h. der Arbeit eines unverfälschten Franzosen gedenken, so ge-
schieht es nicht deshalb, weil sie bezüglich ihres künstlerischen oder
technischen Werthes an diese Stelle gehören würde, sondern nur im
'Hinblicke auf die Zeit ihrer Herstellung. Sie mag in den ersten Siebziger
Jahren des vorigen Jahrhunderts entstanden sein und wurde von Pierre
Denizot verfenigt. Diese Arbeit ist ein Schreibkästchen mit reichen,
vorzüglich ausgeführten Einlagen aus farbigen Hölzern, die uns durch ihre
Vasen, Bouquets und Blumengehänge an niederländische Arbeiten einer
früheren Epoche erinnern, wenngleich sie dem Geschmacke ihrer Ent-
stehungszeit (Uebergang von Louis XV. zu Louis XVI.) entsprechend,
weitaus feiner und zierlicher erscheinen.
Dieses Schreibkästchen stammt aus dem Besitze der unglücklichen
Königin Marie Antoinette, welche es seinerzeit ihrer Schwester, der Erz-
herzogin Maria Anna, als Geschenk von Paris zugesandt hat. Vor mehr
als zehn Jahren war dasselbe hier im Oesterr. Museum ausgestellt, und '
Alle, die es sahen, waren entzückt über dies seltene Stück. Wir verdanken
es dem liebenswürdigen Entgegenkommen des jetzigen Besitzers Herrn
Baron Rdderich v. Walterskirchen, dass die Bibliothek des k. k.
Oesterr. Museums unter ihren Handzeichnungen einige vorzügliche colorirte
Aufnahmen der hier in Rede stehenden Meisterarbeit besitzt. lm Hinblicke
auf die eingehende Beschreibung und kritische Beleuchtung des Schreib-
kästchens, welche Dr. Alois Riegl in den Mittheilungen des Oesterr.
Museums vom Jahre 1886 (Seite 75 ff.) gegeben hat, versagen wir uns
hier eine weitere Besprechung desselben, da wir nur Wiederholungen
bringen könnten. (Eine Abbildung des Schreibkästchens befindet sich im
Kunstgewerbeblatt III, Nr. io.)
Betrachten wir nun zum Schluss: noch einmal die alten lntarsia-
arbeiten, so fällt uns bei allem Reichthum der Motive, bei aller Uebera
Juhrg. 1897. 18