graphien und der von den Letztgenannten ihrem Werke -Les Dells Robbian angefügte
Katalog der in Italien und in den hauptsachlichsten Museen Europe's existirendcn Ar-
beiten, welcher 78 Folioseiten umfasst, kann, was Vollstandigkeit betrifft, wohl kaum
übertroffen, er kann nur noch ergänzt werden und in dieser Hinsicht ist es Reymond
gelungen, manches Neue hinzuzufügen.
Marcel Reymond gibt in seinem vorliegenden Werke keine Lebensgeschichte
dieser Meister, die Nachrichten über dieselben sind auch so knßPPi dass dem bisher
Veroffentlichten kaum etwas Neues hinzugefügt werden konnte, aber er'bietet eine gee
wissenhafte Studie über die künstlerische Bedeutung und die Stellung
ihrer Werke, eine Studie, die erst ermöglicht wurde, seit die weltbekannte Firma
Alinari in Florenz es sich zur Aufgabe gemacht hat, alle, auch die entlegensten
Arbeiten der Robbia in vorzüglichen photographischen Aufnahmen der Oeffentlichkeit zu
übergeben.
Das in Großquart hergestellte Werkchen Reymondk enthalt nun auch einen über-
raschenden Reichthum vorzüglicher Abbildungen, fast zoo an der Zahl, die, was für den
Oesterreicher besonders erfreulich erscheint, mit Benutzung der Aufnahmen Alinarfs aus
dem Atelier von Angerer öt Göschl in Wien hervorgegangen sind und durch Scharfe
der Wiedergabe den Wunsch nach einem größeren Maßstabe bei vielen der Abbildungen
zurücktreten lassen.
Neben Lu c a D e l l a R o b b i a, dem der Ehrenplatz neben seinen Zeit-
genossen Ghiberti und Donatella längst gesichert ist, holft Reymond durch Vorführung
der Hnuptwerke seines NeEen Andrea, des Bildhauers des Franciscaner-Ordens par
eitcellence, deren Abbildungen er der Mehrzahl nach zum ersten Male veroEentlicht,
auch diesem, dessen Namen bisher durch denjenigen seines Oheims verdunkelt wurde,
einen ersten Platz unter seinen Zeitgenossen zu verschaffen. Die Thätigkeit Andrea's,
dessen Werke, so weit sie unter dem EinHusse Luca's entstanden sind, sich von den
Arbeiten des Letzteren nur wenig unterscheiden, ist so groß und mannigfaltig, wie die
eines Malers, da sein Material, der Thon, ihm eine fast gleich rasche Arbeit gesnattet. Von
den einfach-edlen Conceptionen Lucifs ausgehend, steigert er in seinen figuralen Werken
die Ausdrucksweise bis zu den großartigsten und beweglichsten Scenen.
Wer im Buche Reymontfs die Abbildungen der Werke dieses Meisters aus den-i
entlegenen Apenninenkloster des heil. Franciscus zu Verna gesehen hat: die vor dem
Christuskinde betende Madonna, die Verkündigung und vollends die Kreu-
zigung, der wird Andrea die Berechtigung, unter den Ersten seiner Zeit zu stehen,
nicht absprechen und das Beginnen Reymond's als kein vergebliches erachten.
Außer Andrea erfährt auch noch dessen Sohn Giovanni, der letzte Robbia-
Sprosse, der die Kunst seines Hauses in Florenz mit Ehren und Erfolg weiterführte, eine
eingehende Würdigung. Auch seine Thatigkeit ist, wie diejenige seines Vaters, ganz der
kirchlichen Kunst gewidmet. Seine Werke sind, was die ßguralen Compositionen an-
belangt, noch complicirter und reicher, die ornamentale Ausstattung derselben verstans
diger und luxuriöser als diejenige seiner Vorfahren. Giovanni hat auch, entgegen dem
Brauche der Letzteren, auf einer Anzahl seiner Werke seinen Namen angebracht.
Jedem der genannten drei Meister widmet Rcymond eine specielle Studie und an
der Hand der jedem derselben documentarisch angehörigen und datirten Werke sucht
er unter den Hunderten von auf uns gekommenen, Jedem von ihnen seinen Theil sicher
zu stellen. Er steht hiebei in manchen Punkten nicht in Uebereinstimmung mit der
allgemein giltigen Classißcation, namentlich weist er eine Serie von Madonnen-Reliefs
zurück, welche neuerdings als Luca zugehürend in die Kunstgeschichte eingeführt werden
sollen. So in erster Linie die im Museum von Oxford befindliche Madonna "Drury
Fortnumv, zwischen welcher und den Madunnen des Luca von Via dell' Agnolo und
S. Pierino Bade Ankllnge entdecken will.
Was uns aber die Arbeit Reymond's besonders sympathisch macht, ist das von
ihm befolgte genaue Eingehen auf die architektonischen und ornamental-
decorativen Beigaben der Werke der Dells Robbia, auf Gebalk- und Pilasterschmuck,
Guirlanden, Fruchtschnüre eti:., durch welches er eine weitere Handhabe für die Zeit-
bestimrnung der Werke erhält. ln dieser Beziehung bespricht er die Arbeiten Luefs
für das Sacellum Michelozztfs in S. Miniato und für die Capelle des Cardinals Portugal
ebendaselbst, für die Seitencapelle in S. Giobbe in Venedig, für die beiden Baldachine
in der Collegiulkirche dell'lmpruneta bei Florenz und für Brunellestds Capella Pazzi.
Weitere seine herrlichen Wappenmedaillons an der Fassade von Or San Michele und
am Palazzo Quaratesi, die er neben Ghibertfs Thürutnrahmungen für die schönsten Werke
der decorativen Kunst Italiens erklärt. '
Von den Werken Andrea's behandelt er unter diesem Gesichtspunkte den Gebälk-
schmuck in Sangallds Madonna delle Carceri in Prato und du Tonnengewolbe in der
Vorhalle des Domes von Pistoia.