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deutend unterschied, das waren die entscheidenden Überlegenheiten, die 
er aus Wagners Atelier mitgebracht hatte. 
Darum hing er mit so innigerVerehrung an seinem Meister und sprach 
immer wieder begeistert von ihm, so oft ich ihn in seinem Hause auf der 
Mathildenhöhe traf oder in Düsseldorf, wo ihm die letzten großen Bau 
aufgaben erwachsen waren. 
Diese geradezu ehrfürchtige Begeisterung und Verehrung findet ihren 
rührenden Ausdruck in einigen entzückenden Briefen, wie sie nur ein 
Olbrich schreiben konnte. Besonders ergreifend ist in dieser Beziehung 
das Glückwunschschreiben, das er an seinen Meister zu dessen 60. Ge 
burtstag richtet. Man wird es mir danken, daß ich es wörtlich und un 
verkürzt hier anführe. 
Also schreibt Olbrich am 16. Juli 1901: 
Mein lieber hochverehrter Herr Oberbaurat! 
Verzeihe, wenn ich mich heute erst freue über die reichen sechzig 
Jahre, die Du der Kunst geschenkt hast, und wenn ich erst heute nach 
den lauten oder stillen Festen, die Dir deswegen bereitet wurden, 
komme und Dir sage, wie sehr ich Dir dazu wünsche, den herzlichsten 
Wunsch, Du könntest unserer Kunst von neuem die reichen sechzig 
Jahre schenken. Ich weiß nicht, ob alle, die Dich an dem Tage lobten 
und priesen, so tief zu verstehen fühlten, was wohl sechzig Jahre im 
Leben eines „Bauenden“ bedeuten. Wenn sich Milliarden von feinstem 
Fühlen auf einmal aus dem Empfinden der großen Herde verdichten 
könnten, es käme nicht einer Sekunde der immerwährenden Freude 
gleich, die Du, das weiß ich, so oft tage- und jahrelang empfinden 
kannst. 
Weil Du eben aus Dir heraus arbeitest, gibst und erfindest, darum 
muß man Dich als den Glücklichen bezeichnen, der täglich sich von 
neuem zum Feste bereitet. Wie armselig sind doch die Beweise der Ver 
ehrung gegen das Gefühl, das dich täglich von neuem beglückt. 
Ich weiß es, mein lieber Oberbaurat, genau, und das beachte ich nur 
an mir, wie doch die liebe Arbeit das Schönste und Beste ist, das einem 
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