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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIX (1884 / 230)

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rasche und verhaltnissmäßig billige Herstellung gerichteten Production leider mehr oder 
minder immer anhaftet. 
Die dem Styl eigenen reichen Decken- und Wandbekleidungen in Stuck und 
Holz bieten Modelleuren, Holzschnitzern und Kunstxischlern, die Bronzeappliquen und 
Rahmen dem Kunstguss die willkommenste Thatigkeit. Beschränkt einerseits die durch- 
gehends plastische Ausbildung der Ornamentation, welche nur Färbung oder Vergoldung 
zulässt, die Decorationsrnalerei, so wird andererseits die Anwendung von Malereien der 
höheren künstlerischen Gattung, welche als Stillleben oder Egürliche Bilder in die ar- 
chitektonischen oder ornamentalen Umrahmungen eingeschlossen werden, zur unabweis- 
baren Nothwendigkeit. Die Verwendung echter alter oder in Malerei imitirter Gobelins 
als Wandbekleidung ist sehr in Aufnahme gekommen, und namentlich in Bezug auf 
letztere sind durch einheimische Künstler Arbeiten hohen Reizes und eigenartigen künst- 
lerischen Geprages auf diese Weise entstanden, bei welchen nur zu bedauern ist, dass 
die beschrankten Mittel und die Raschlebigkeit unserer Zeit die kostbare uud langwierige 
Herstellung dieser Wandbilder in wirklicher Gobelinweberei nicht oder wenigstens noch 
nicht begünstigen. Es ist im Uebrigen natürlich, dass auf vielen Gebieten der Decoration 
ein gewisser Stillstand eingetreten ist, nachdem die letzten Jahre durch eine gesteigerte 
Production dem rasch entwickelten Bedürfniss nach künstlerischer Gestaltung der Wohn- 
räume entgegenkarnen. 
In vielen Kreisen ist das Verlangen befriedigt, der Fabrikant sucht seine geschaf- 
fenen Modelle zu verwerthen und das allgemeine Bestreben geht dahin, durch einfache 
Gestaltung der Gebrauchs- und Schmuckgegenstände auch die breiten Schichten der Be- 
vblkerung aufnahmsfahig zu machen. 
Wir sehen aber mit Genugthuung, dass unsere Berliner Einrichtungs-Decorations- 
industrie im Auslande verdiente Anerkennung sich erringt und viele Auftrage, welche 
früher unfehlbar nach Paris sich gewendet hätten, Berliner Decorateuren zu Theil werden. 
1st der unmittelbare Vortheil dieser vereinzelten Auftrage naturgemäß auch vor- 
zugsweise einzelnen geschäftlich besonders geschickten Vertretern des Decorationsfachs 
zugefallen, so kommt dieser Absatz nach Außen doch auch mittelbar dem ganzen Ber- 
liner Kunstgewerbe zu gut. 
Das Verdienst an der Hebung, welche diesen günstigen Umschwung erzielt, gebührt 
aber nicht dem Einzelnen, sondern der Gesammtheit derjenigen, welche, sei es als erfin- 
dende Künstler oder als ausführende Gewerbetreibende, an der ganzen Bewegung der 
letzten Jahre Theil genommen habeom 
Der ganze Bericht schließt mit einer Besprechung der berufsmäßig 
organisirten Auskunftsertheilung, sei es durch Exportmuseen oder Con- 
sulate, und einer ausführlichen Uebersicht der Wirksamkeit des Aeltesten- 
Collegiums der Berliner Kaufmannschaft vom Mai 1883 bis Mai 1884.. 
Donnerstags-Vorlesungen im Museum. 
Den Erdflhungsvortrag am 30. October hielt Dr. EmanuelLüwyl über: Lysipp 
und seine Stellung in der griechischen Kunst. 
Der Vortragende kennzeichnete zunächst seinen Standpunkt dahin, dass er nicht beab- 
sichtige, ein Lebensbild zu geben, vielmehr weise die Natur der für die antiken Künstler 
vorliegenden Ueberlieferung auf eine solche Art der Betrachtung hin, welche von der Persön- 
lichkeit des einzelnen Künstlers mehr absieht und die Werke nur in ihrem Verhalten zu 
der gesammten Kunstentwicklung in's Auge fasst. Für Lysipp lasst die Ueberlieferung von 
vorne herein Anlehnung an die Natur und Unabhängigkeit von der künstlerischen Tradition 
voraussetzen. Wenn damit nun der Lysipp zugeschriebene Ausspruch, der Doryphoros des 
Polyklet sei sein Lehrer gewesen, in Widerspruch zu stehen scheint, so zeigt Redner an 
einer Vergleichung dieser Statue mit dem Apoxyomenos des Lysipp, dass der Doryphoros 
mit der in ihm gegebenen Losung des Standproblems nur ein Ausgngspunkt für Lysipp 
gewesen sei, welchen bereis der Apoxyomenos überwunden zeige, so wie Lysipp auch die 
Proportionen in bewusster Weise umändert. Der von Brunn als lysippisch erklärte sitzende 
Hermes in Neapel sowie die ganze Reihe der Figuren mit dem aufgestutzten Fuße lassen 
in ihrer ganzen Anlage und auch in scheinbar geringfügigen Einzelheiten, wie namentlich 
dem quer vor der Brust bewegten Arm erkennen, wie der Künstler ein neues Gesetz 
des Aufbaues, eine neue uSymmetrien zu schalfen gesucht habe, worin der Redner, 
anltnupfend an ein Wort Liunurdo da Vinci's und verwandte Erscheinungen in der
	        
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