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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XII (1897 / 12)

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M übel dieser Periode besitzen noch gothischen Aufbau mit theils gothischer, theils mit 
Renaissance-Verzierung. Ala bedeutendste Repräsentanzen sind angeführt das Stahlwerk 
der Kathedrale von Auch mit 130 Stühlen, eines der reichsten Frankreichs, und das 
von Saint-Bertrand-de-Commingea, welches im Jahre 1535 vollendet wurde. 
Das Capitalwerk der Verschmelzung des gothischen Stils tnit dem der Renaissance in 
Frankreich ist aber das Südportal der Kathedrale von ßeauvais, ausgeführt von Jean- 
le-pot und beendet i n-i Jahre iggg. 
Der zweite Theil umfasst die Zeit von tggo-tüoo, in welcher unter dem Ein- 
flusse von Architekten, Formstechern und Zeichnern Mübel entstehen, welche classische 
Architekturformen aufweisen; die Gothik ist ganz zurückgetreten. Anstatt des Malers 
wie in Italien (i) sind der Architekt und der Bildhauer die Verfertiger des Mübels. 
Diesem Theile ist eine Biographie der drei Du Cerceau nach v. Geymüller und 
eine Biographie Sambin's nach Bernard P rost eingefügt. Nach Aufzählung der Künstler, 
welche die Tischler der zweiten Halfte des I6 Jahrhs. beeinflussten, der De l'Aune, 
Du Cerceau. Berniird Salomon, Sambin und Jean Goujon folgt die Beschreibung 
einer Reihe von Mbbeln, als: Truhen, Dressoirs, Schranken, Betten, Tischen und Stühlen 
aus verschiedenen Sammlungen. Molinier theilt dieselben nach ihren Formen diesem 
oder jenem Meister, dieser oder jener Provinz zu und gibt damit die hauptsachlichsten 
Einrichtungsstücke einer reichen Wohnung der zweiten Hälfte des I6. Jahrhunderts. Als 
besonders lehrreich für diesen Zweck bezeichnet Molinier das auf uns gekommene Mo- 
biliar der Familie Gauthiot vom Jahre 1596. 
Recht dürftig ist das letzte Capitel ausgefallen, das den allerdings bescheidenen 
Titel tragt: lEinlgC Worte über die deutschen und niederländischen Mobel des 16. Jahr- 
hundertai. Molinier findet, wie selbstverständlich, in Deutschland und in den Nieder- 
landen denselben Uebergang von der Guthik zur Renaissance wie in Frankreich und in 
den anderen Landern, nur bleibt in Deutschland die Ciothik langer haften, als z. B. in 
Frankreich. ln der zweiten Hälfte des I6. Jahrhunderts treten auch in Deutschland die 
claasischen Arcliitekturformen an Stelle der gothischen. 
Molinier begnügt sich aber mit ein paar Beispielen aus den Museen zu München 
und Berlin als einzigen Vertretern des überreichen Schatzes der beiden Lander Deutsch- 
land und der Niederlande. Nichts von Nürnberg, Lüneburg und den übrigen Hansa- 
städten, Münster, Schleswig-Holstein etc., nichts von Kampen, Enlthuyzen, Herzogen- 
husch, Dortrecht etc.! 
Nach Falke wird noch das Schloss Velthurns angeführt, dessen Holzarchi- 
tekluren und Einlegearbeiien Molinier für vollständig italienisch erklärt. Als besondere, 
nationale Einrichtungsstücke werden noch die Lüsterweibchen erwähnt, - bei so viel 
Fehlendem ein so untergaordrietes Obiecl! Hiermit schließt dieses letzte Capitel, das als 
solches Stückwerk besser ganz weggeblieben wäre. 
Einen Anhang bilden die auch von Bonnatfa verofieritlichten Statuten der 
Tischlerinnung von Paris vom Jahre 1580. 
Das Werk ist mit vorzüglichen Heliogravriren und zahlreichen Illustrationen im 
Texte ausgestattet. H-c. 
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Francois Briot, Caspar Enderlein und das Edelzinn. Von Hans Demiani. 
Leipzig, Karl W. Hiersemann, 1897. Fol. 118 S. in 2 C0l., 50 Taf. 
in Lichtdruck und 6 Abbildungen im Text. M. 75.-. 
Dieses in vornehmster Ausstattung erschienene Werk bildet ein litterarisches Denk- 
mal ersten Ranges für die beiden Hauptreprlsentanten jener Kunstübung, die sich im 
Edelzinn der Renaissance in classischer Weise prasentirt. 
Die rnit größter Gewissenhaftigkeit, mit eingehendster Benutzung der vorhandenen 
und angeführten Quellen geschaGene Monographie theilt sich in zwei Hauptabschnitte, jeder 
dem Leben und Wirken ie eines der genannten Meister gewidmet. Briot's Gestalt wird 
in erster Linie erhellt durch die mit Scharfe durchgeführten Folgerungen, die sich aus 
den vorhandenen historischen Notizen ergeben können. Wenn trotzdem das Lebensbild 
des Künstlers sich noch nicht in ganz vollständig sicheren Umrissen zeigt, so liegt dies 
nur in dem Umstande, dass, mit Ausnahme der Nachricht über die Feststellung des Ortes 
seiner Geburt, das ihn hetreifende actenmlßige Material sich nicht auf viel Wichtiges 
erstreckt. 
Höchst bedeutend ist, was wir über Enderlein erfahren. Den gründlichen For- 
schungen des Verfassers haben wir es ausschließlich zu verdanken. dass nunmehr eine 
sehr ausführliche Biographie dieses trefdiclien Künstlers vurliegl, von dem bis jetzt in
	        
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