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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XI (1896 / 4)

Im Oesterreichischen Museum haben wir z. B. nicht ohne Widerspruch 
galvanoplastische Abformungen von Gefässen und Geräthen, auch ver- 
goldete Monstranzen aus Bronze in die betreffenden Abtheilungen der 
Originalarbeiten eingereiht, weil nur mit Hilfe solcher Ersatzreserven 
mehr oder weniger vollständige Entwicklungsreihen hergestellt werden 
können, und dementsprechend wurden aus der Schmuckabtheilung die 
Arbeiten aus unedlen Metallen mit Halbedelsteinen oder Glasfluss u. dgl. 
nicht ausgeschlossen. Das eigentliche Ziel wäre, nebeneinander die Ge- 
schichte der Stoifbearbeitung in historischer Folge und die einzelnen 
Stilphasen durch Gruppirung von Innenräumen zur Anschauung zu 
bringen. Aber der Durchführung steht, selbst wenn die Gegenstände in 
genügender Menge vorhanden wären, meistens der Mangel an Räumlich- 
keiten entgegen, und es bleibt nur übrig, die gedachte Umgestaltung 
allmälig vorzubereiten, wenn nicht, wie jetzt in Kopenhagen, wo das 
Rosenborg-Museum als treßliches Muster in der zweiten Richtung dasteht, 
bei einem Neubau gleich auf die beiden parallel gehenden Systeme Rück- 
sicht genommen werden kann. 
Auf Ausstellungen des heutigen Gewerbes haben die componirten 
Zimmer, ohne die solche Ausstellungen nicht mehr denkbar sind (schon 
die für die Länder des Zollvereins im Jahre 1844 in Berlin veranstaltete 
bediente sich dieses Anziehungsmittels) ihre Schattenseite: sie leisten dem 
leidigen Gebrauche Vorschub, sich vorn Dccorateur oder Tapezierer vor- 
schreiben zu lassen, in welcher Umgebung man wohnen, speisen, schlafen, 
rauchen etc. müsse, wenn man auf der Höhe des vGeschmackesu stehen 
wolle. Den Geboten stricte nachzukommen, ist freilich nur Wenigen 
möglich, denn der sogenannte Geschmack ist jetzt sehr kurzathmig, und 
Herren und Damen, denen es mit der Sache voller Ernst ist, laufen stets 
Gefahr, durch den Mund eines Verkäufers zu erfahren, dass das, was sie 
noch für nletzte Modeu halten, wgar nicht mehr schön ist", weil auf den 
Pariser Boulevards eine neue Losung ausgegeben wurde - von wem? Dar- 
nach fragt man besser nicht. Die Angewohnheit, sich in Allem nach Paris 
zu richten, herrscht zwar, zumal auf deutschem Boden, bereits seit den 
Tagen Ludwigs XIV., allein so bedingungslos unterwarf man sich doch 
ehedem nicht. Auf dem Gebiet, auf dem der Wechsel am häufigsten und 
auffälligsten auftritt, auf dem Gebiete der Kleidertrachten, unterschied 
man in Norddeutschland noch über das erste Drittel unseres Jahrhunderts 
hinaus zwischen Pariser und Wiener Moden, und bevorzugte vielfach 
die letzteren, die durch Witthauer's vZeitschrift für Literatur, Kunst, 
Theater und Moden vermittelt wurden. Das Jahr 184.8 brachte den 
Männern eine gewisse Freiheit in der Kleidung, und davon ziehen Alle, 
die es zu tragen wissen, dass sie sich nunmodernu tragen, noch jetzt 
Vortheil für ihre Bequemlichkeit, da die Joppe unter wechselnden 
Bezeichungen und der weiche und niedrige Hut sich bisher nicht haben 
verdrängen lassen, dank der Unterstützung von militärischer Seite. 
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