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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XI (1896 / 7)

Augsburg glich in Wesen und Ansehen, auch in religiöser Beziehung, 
vielfach Nürnberg. Augsburg hatte sich zur Mutterstadt des süddeutschen 
Handels aufgeschwungen, der Reichthum der Fugger und Welser - der 
Oesterreicher denkt hier gleich an Philippine Weiser und Ambras -- war 
sprichwörtlich. Auch hier die Kunst ein Schoßkind des Reichthums. Der 
größte deutsche Maler der Renaissance, Hans Holbein, war ein Augs- 
burger. Keine deutsche Stadt erreichte Augsburg von ferne in den Haus- 
fresken, die die Straßen einem aufgeschlagenen Bilderbuche ähneln ließen; 
es ist das deutsche Verona gewesen, - Die Gold- und Waffenschmiede, 
Erzgießer, Steinmetzen, Teppichwirker arbeiteten im Wettbewerbe. Der 
Kunst reichte die Wissenschaft die Hand. 
Der Schatten bei dem Lichte hieß Ueppigkeit und Unsittlichkeit, 
auch in den Formen von rücksichtslosem Capitalismus und Monopolismus; 
Wucherei und Fuggerei war ein viel klagendes Wortspiel. Daneben trotz 
der demokratischen Verfassung ein Fabriksproletariat, ein Zusammenfluss 
von Menschen aus allen Richtungen. 
Zwischen dem Bischof und dem Stadtrathe fehlte es nie an Reibe- 
reien. Aberglaube und Unglaube, Wundersucht und Gotteslästerung waren 
die bekannten Zwillingspaare, die hier ihren Reigen aufführten. Dern 
gegenüber gingen die Drucke mystischer Erbauungsbücher und die meisten 
vorlutherischen Bibelübersetzungen von Augsburg aus; Wiclefiten und 
Husiten hatten hier ihren Samen ausgestreut. 
Kein Wunder, dass die Stadt des heil. Ulrich nicht nur der Witten- 
berger Lehre zugänglich wurde, sondern dass es kaum ein bedeutenderes 
Ereignis: in der deutschen Reformationsgeschichte gibt, mit dem Augs- 
burgs Name nicht irgendwie verflochten wäre, obwohl der gerade im 
Entscheidungsjahre der Wittenberger Thesen den Bischofstuhl besteigende 
Christoph von Stadion sowohl durch geschäftliche Gewandtheit und wissen- 
schaftliche Bildung, als durch eine höhere Auffassung seines Berufes und 
unsträflichen Wandel sich auszeichnete. 
Des Mathesius langsam aufgeglommene Neigung für die Reform ist 
nicht wie ein rasch wieder versinkendes Strohfeuer aufgeflackert; er war 
überhaupt nie der Mann nlärmender und schwärmender Gefühlsübermei- 
sterung, sondern stiller, wärmender, haltender Begeisterung-i 
Er hatte beschlossen, in die Brunnenstube zu gehen, zu der kühnen 
Nebenbuhlerin lngolstadts, in die Mutterstadt der die Christenheit und 
ihn selbst aufwühlenden Bewegung. Gleich die erste Predigt Luthers, 
die er in Wittenberg hörte, gewann ihn völlig, und er schwelgte in der 
übermäßig reichen, religiösen, theologischen, humanistischen Kost, die 
hier gereicht wurde; wenn auch die Hochschule damals gerade im Ringen 
war, eine schwere Krise zu überwinden, und es einer Reihe von Jahren 
des Schweißes der Edlen bedurfte, ehe das nDelphiu des erlauchten Stifters 
wiederhergestellt war, und ehe in Verjüngung und Neugestaltung die
	        
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