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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XI (1896 / 11)

Architekt, der nur auf die Schaumaske des Gebäudes gegen die Straße 
hin sein Augenmerk gerichtet hätte. Der Zweck muss die Form des Bau- 
werkes bestimmen! Von diesem Grundsatze ging unser Meister aus. Und 
da im gegebenen Falle mehrere Zwecke unter Dach zu bringen waren, 
so ergab sich daraus als weiteres Gestaltungsprincip das Gruppensystem 
der ganzen umfassenden Anlage. wEs lag nahe-n, so commentirte Ferstel 
in einer Denkschrift seinen eigenen Plan, wjene Räumlichkeiten, die sich 
ihrer Größe und Bedeutsamkeit nach am entschiedensten von der Mehr- 
zahl der übrigen trennen, in Gruppen zusammenzufassen, die schon im 
Grundriß eine gesonderte Behandlung erfahrenm Die Art der Grup- 
pirung des großen Bauvierecks der Universität ist nun folgende. Das 
schlank erhöhte Festsaalgebäude - dieser akademische Tempel für die 
feierlichen Acte - stellt sich mit dominirendem Eindruck in die Mitte 
der Hauptfacade, wie ein Sonderbau in dem größeren Gesammtbau. Unten 
das mit bedeutendem Raurnsinn angeordnete Vestibule, eine offene drei- 
schiflige Halle mit weiter Säulen- und Bogenstellung - oben in gestei- 
gerter, feierlicher Pracht die Aula, deren Plafond jedoch auf die Decken- 
gemälde noch harrt. Nach der Ringstraße hin treten beiderseits die mit 
den zierlichsten Pavillons ßankirten Seitenflügel in starkem Ruck hervor, 
und fassen die schmucke, giebel-bekrünte Doppelloggia der Portal-Archi- 
tektur in ihre Mitte. In jener Axe der Gesammtanlage, welche sich quer 
durch das ganze Gebäude vor den großen Hof legt, hat Ferstel weiter 
das Meisterstück seiner Innen-Architektur hingebreitet und hinaufgebaut. 
Da liegen die beiden majestätischen Treppenhäuser einander gegenüber, 
welche geradezu als ein moderner Bautriumph in der Lösung des Treppen- 
problems zu bezeichnen sind. Nach innen öffnet sich nun der imposante 
Hallenhof, wdas Herz des Universitätsbauesu, wie Ferstel selbst ihn nennt. 
Er wusste es genau abzuschätzen, wie viel für die Wirkung gewonnen war, 
"eines der schönsten, vielleicht das vollkommenste Motiv, das die Re- 
naissance geschaffen hatu, seinem Werke einzufügen. Ohnedies gehörte zur 
Zeit der Blüthe und der noch immer stattlichen Nachbllithe des Stiles in 
Italien zum Bauprogramme der Universität, des Arciginnasio, des höheren 
Collegs ganz unerlässlich die große Hofanlage. Ferstel hat sich den 
Baugedanken seines Hofes, die Halbsäulensysteme der Pfeilerarcaden, 
ebenso das weiträumige Ausmaß der umlaufenden Hallen aus Rom her- 
beigeschaEt; das machtvolle, antik-römische Motiv der Arcadengürtel der 
Amphitheater und jenes der stolzesten Anordnung des Palasthofes im 
Sinne der späteren Hocbrenaissance, wie etwa im Palazzo Farnese, gehen 
da wohllautend in einander über, eigenthümlich ausgeglichen durch das 
individuelle Formgefühl des Wiener Meisters. 
Zu beiden Seiten des großen Hofes strecken sich (nach Ferstel's 
eigener Bezeichnung) die eigentlichen wLehrgebäudec hin, die nach außen 
die erhöhten Hauptmassen der Seitenfacaden bilden. Nach innen enthalten 
diese beiderseits zwei größere und zwei kleinere Höfe, und inmitten
	        
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