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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XI (1896 / 12)

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entsteht das Bestreben, Erzeugnisse des Menschenfleißes zu erwerben und 
zu bewahren. 
Es stellt sich der Eifer zu sammeln ein. 
Was nun heute meinen Betrachtungen zum Ausgangspunkte dienen 
soll, ist die Thätigkeit des Sammelns in Bezug auf die zuletzt angedeuteten 
Richtungen, der cultur- und kunsthistorischen und der kunst- 
ästhetischen, die sich, vom praktischen Standpunkte aus betrachtet, 
nur selten vollkommen trennen lassen. Hierbei möchte ich den Begriff 
Kunst im weiteren Sinne aufgefasst wissen, wie ich denn auch eine 
Anzahl der vorzuführenden Beispiele dem Gebiete des sogenannten Kunst- 
gewerbes entnehmen werde. 
ln der Regel beginnt der angehende Sammler, nur seiner Neigung 
folgend und gänzlich unvorbereitet, Gegenstände, zumeist älterer Pro- 
venienz zu erwerben und aufzubewahren. Wenngleich er hierbei nicht 
ohne Kritik vorgeht, so nützt ihm dies dennoch nur wenig, denn seine 
Kritik ist in erster Linie auf sein subjectives Empfinden gegründet. Gelingt 
es ihm, in Besitz von Stücken zu gelangen, die den Beifall wahrer oder 
eingebildeter Kenner erringen, so steigert dies seine Lust zu erwerben 
gar bald. Je nach seiner persönlichen Vorliebe für einzelne Gattungen 
oder für bestimmte Stilrichtungen zeigen seine Sammlungsgegenstände 
wohl auch eine gewisse Zusammengehörigkeit, um nicht von einem System 
zu sprechen. 
Allmälig lernt der Liebhaber auf gewisse Merkmale, Zeichen und 
Eigenthümlichkeiten achten, die den von ihm hauptsächlich aufgesuchten 
Arbeiten als empfehlende Geleitsbriefe dienen. Er verdankt die Kenntniss 
solcher besonderer Kennzeichen der zu Rathe gezogenen Litteratur oder 
den Mittheilungen Erfahrener, oft auch den Andeutungen, die ihm von 
Seite des einen oder des anderen Verkäufers werden. Derlei charak- 
teristische Merkmale, Signaturen, Marken, Monogramme, Jahreszahlen 
und andere Bezeichnungen, ausserdem zahlreiche Eigenthümlichkeiteu der 
Form und der Farbengebung, der Herstellungsweise und Ausstattung, 
dienen ihm zunächst als willkommenes Hilfsmittel zur Feststellung des 
Alters und des Herkommens seiner oft um schweres Geld erkauften Lieb- 
linge. Da er, wenn auch unwillig, der allgemein ausgesprochenen Meinung 
folgt, dass nur das Alte gut sein könne, das Neue aber unter allen Ums 
ständen nicht werth sei, gesammelt zu werden, so findet er es von be- 
sonderer Wichtigkeit, bei den zu erwerbenden Stücken zunächst ein 
gewisses Minimalalter constatiren zu können. Er hält viel darauf, dass 
Alles, was er erwirbt, noch unverletzt sei, ja er scheint sogar manchmal 
jede, wenn auch noch so vorsichtige Reinigung seiner Sammlungsstücke 
aus Furcht, sie um das Ursprüngliche ihres Aussehens zu bringen und ver- 
zichtet daher lieber, ihre Originaloberfläche zu schauen, als die ehrwürdige 
Patina, den durch Menschenalter angehäuften Schmutz zu berühren.
	        
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