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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XI (1896 / 12)

 
Hierbei zeigt sich jedoch der merkwürdige Umstand, dass gewisse 
Gattungen von Kunstgegenständen, z. B. manche Malereien, eine solche 
zarte Rücksicht selten genießen. Ein Liebhaber, der eine verrostete 
Radschlosspistole mit größter Schonung behandelt, putzt irgend ein Ge- 
mälde ohne Bedenken. Ungezählte Bilder sind schon durch Scheuern 
und Waschen zu Grunde gegangen, nicht nur Oelgemälde, denen eine 
Unverwlistlichkeit ohne Gleichen zugemuthet wird, sondern auch die 
zartesten Miniaturmalereien, mit Wasserfarben auf dünnen Elfenbein- 
plättchen hergestellt, die, ihrer schützenden Glasdecke beraubt, ohne- 
weiters wenigstens mit einem Lappen abgerieben werden. Es ist be- 
greiHich, dass der Sammlung eines Kunstfreundes der eben angedeuteten 
Art ein gewisses, auf den ersten Blick erkennbares Gepräge anhaftet. 
Nun gibt es aber verschiedene Arten von Sammlern; zum Glück 
auch Amateure, die erst, nachdem sie schon mit tüchtigen Kenntnissen 
und Erfahrungen ausgerüstet sind, daran gehen, eine Sammlung anzu- 
legen. Klug in ihrem Vorgehen, lassen sie sich von dem Eindruck: des 
Augenblickes nicht leicht hinreißen, vermehren ihre Bestände möglichst 
systematisch, suchen deutlich bestimmbare Entwickelungsreihen irgend 
einer oder der" anderen Werkweise möglichst vollständig zu repräsentiren 
und scheuen es nicht, zu diesem Ende auch Stücke zu erwerben, die 
sich nicht mehr völlig unversehrt vorfinden, wenn anders die Beschädigung 
nur nichts von den charakteristischen Eigenthümlichkeiten der Gegenstände 
zerstört hat. Sie verschmähen es auch keineswegs, zur Vervollständigung 
des Gesammtbildes einer solchen Entwickelungsreihe, gute Copien von 
Kunstwerken aller Art, Abbildungen, Stiche, Zeichnungen u. dgl. heran- 
zuziehen. Solche Sammler sind auch nicht nur die Ordner und Bewahrer 
ihres künstlerischen Besitzstandes, sondern auch dessen Pfleger. In der 
Ueberzeugung, dass auch alles Menschenwerk über kurz oder lang, sei 
es durch inneren Zerfall, sei es durch äußere Unbilden, seinem Unter- 
gange entgegengeht, und dass dieser Untergang um so rascher sich voll- 
zieht, je weniger sein Anfang beachtet und seine Bekämpfung möglichst 
bald eingeleitet wird, suchen sie ihm durch gewissenhaftes Ausbessern 
gefahrdrohender Schäden entgegenzuwirken. Durch zweckentsprechende 
Ar! der Aufbewahrung, durch schonendes Entfernen und eifriges Hintan- 
halten jeder Beschmutzung erhalten ihre Sammlungsgegenstände weiters 
den Vorzug, sich dauernd in jenem Aussehen zu präsentiren, was von 
Anfang an in der Intention ihrer Schöpfer gelegen war. Denn Niemand 
möge sich einbilden, dass die Künstler der Vorzeit auf das Alter ihrer 
Schöpfungen speculirten. Wenn das Aussehen mancher Gegenstände durch 
das Alter gleichwohl gewinnt, so ist dieser Umstand nichts weniger als 
beabsichtigt. 
Gehören nun die Sammler was immer für einer Fraction an, sind 
sie nun bloße Liebhaber oder gehören sie einem Berufe an, der sacha 
verständiges Urtheil 'über Kunsterzeugnisse zur Bedingung macht, so
	        
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