sein, ehe es seiner Aufgabe im Rahmen der vorgeschriebenen technischen
Unterrichtsdisciplinen an höheren Gewerbeschulen gerecht zu werden
vermag, und eben diese Herstellung tragfähigen Lehrgrundes besorgt das
moderne technische Zeichnen.
Monge stellt die Raumgebilde in den Vordergrund und geht von
dem projicirten Punkte aus. Das moderne technische Zeichnen be-
trachtet den allseitig begrenzten Raum als solchen, leitet die Bilder der
Raumgebilde also von dem geometrischen Körper ab und stützt sich,
indem es den modellirten Punkt vorflihrt, auf die Praxis des
Messens. Es führt den Schüler nach einer auf Anschauung begründeten
Vorbereitung, die sein räumliches Denken durch selbstthätiges Hinzu-
lhun in ungezwungener Art entwickelt, zum Verständnisse schwieriger,
theoretischer Constructionsprincipien. Es basirt, wie das Monge'sche
System, auf einem künstlichen Abbildungsverfahren räumlicher Objecte,
zeigt uns aber ein populäres Moment, indem das Messen eine in den
Berufsschichten der Bevölkerung weit verbreitete und viel geübte Fertig-
keit darstellt. So stehen sich zwei Systeme gegenüber: das theoretische
und das volksthümliche, verschieden veranlagt und schließlich doch
in demselben Ziele gipfelnd. Nach dieser neuen Auffassung des Vorberei-
tungsunterrichtes im darstellenden Zeichnen ist es möglich, unter Gebrauch
des MaBstabes bald ein ateliermäßiges Zeichnen einzuleiten und unter
beständiger Betrachtung des räumlichen Objectes wirklichen Anschau-
ungsunterricht zu treiben.
Das Körperzeichnen bezweckt mithin keine Rückbildung in
der theoretischen Sphäre der descriptiven Geometrie; die Ergebnisse seiner
Methode räumen vielmehr den Monge'schen Theorien erst den rechten
Platz ein, vergrößern den Umfang und die Tragweite ihrer wissenschaft-
lichen Principien an höheren gewerblichen Berufsschulen, steigern ihre
Lehrkräftigkeit und weisen im Wege anschaulicher, streng systematisch
durchgeführterVorbereitungen auf ein verständnissvolles Aufgabenlösen
vor. Zum Andern ist indessen die anschauliche Lehrweise im Gebiete des
darstellenden Constructionsfaches nicht etwa als die unselbständige Die-
nerin der Theorie aufzufassen, sondern sie repräsentirt eine vollwichtige
pädagogische Individualität, eine für sich bestehende, aus sich
wirkende und durch sich das Ziel erreichende Lehrspe cie s.
Nach der ihr zu Grunde gelegten Unterrichtsmethode kann das Auf-
fassen der einschlägigen Lehrsätze ein unbedingt sicheres werden und
jedwedes Au swendiglernen von vornherein ausschließen, das bei Befol-
gung der Mongüschen Praxis in manchen Fällen in auffälliger Art zu
Tage tritt, indem der Schüler ganz gut und lließend die betreffenden
Lehrsätze herzusagen weiß, die aus ihrem Wesen fließenden Constructionen
und Detailausführungen aber nicht durchzuführen vermag. Und diese
Erfahrung liefert den schlagenden Beweis, dass in einem Fache, wie jenem
des Descriptiven, das so ganz von den Ergebnissen der Anschauung erfüllt