- Am 2x. November besprach Prof. Dr. A. Riegl nNeuere Forschungsergebnisse
über Orientalische Teppichen. Die Veranlassung hiezu boten einige einschlägige Funde
aus der jüngsten Zeit, durch welche unsre Erkenntniss der älteren Entwicklungsgeschichte
des orientalischen Teppichs um Erhebliches bereichert wurde. Es gilt dies vor Allem
von einem Teppich, der laut eingeknüpfter Inschrift im Jahre 1202-1203 n. Chr. in Ar-
menien hergestellt worden ist, womit uns endlich ein unzweifelhaft datirter orientalischer
Teppich aus dem Mittelalter vor Augen gebracht erscheint. Ferner machte der Vor-
tragende auf eine in der Sammlung G. Stroganoff in Rom befindliche sassanidische Silber-
schale aufmerksam, auf welcher ein Sassanidenkönig auf einem Teppich sitzend dar-
gestellt ist. Das Muster des Teppichs ist auf der Schale mit solcher Deutlichkeit gravirt,
dass es eine ganz eingehende kunsthistorische Kritik ermöglicht und uns somit einen
klaren Begrilf von der Beschaffenheit der vielbernhmten, aber bisher durch kein Denkmal
bezeugt gewesenen sassanidisclien Teppiche verschatft. Einen Beitrag zu der Losung
dieser Frage konnte der Vortragende auch aus einem Originalteppich schöpfen, der sich
jüngst in Wiener Privaibesitz vorgefunden hat. Endlich hat sich auf Grund mehrfacher,
gleichzeitig aufgetauchter Belegstücke auch die Existenz von specilisch europaischen
Knüpfteppichen im Mittelalter über jeden Zweifel hinaus feststellen lassen. - Da die
im Vortrage behandelten Denkmäler sich mit Ausnahme der Sassanidenschale sammtlich
in Wien befinden, war es dem Vortragenden durch das dankenswerthe Entgegenkommen
der p. t. Eigenthumer ermbglicht, seine Ausführungen an den Ohiecten selbst zu
entwickeln .
Litteratur- Bericht.
Die Pflanze in der Kunst. Ein Votlagenwerk für den Zeichenunterricht . ..
herausgeg. im Auftrage des k. k. Ministeriums für Cultus und Untere
richt von Joseph R. v. Storck. Erstes Heft: Die Rose. Wien, Druck
und Verlag von R. v. Waldheim. gr. Fol. H. 6.
Es war ein sehr glücklicher Gedanke, zur Klärung in einer viel erörterten Frage
der praktischen Aesthetilt, der Frage der Stilisirung, durch ein Mittel beizutragen, das
bisher wenigstens nicht systematisch angewandt worden ist: die vergleichende Darstel-
lung der Umgestaltungen von Naturformen je nach dem Stoffe und der Technik. Gegen-
über theoretischen Meinungen führen hier unwiderlegliche Thatsachen das Wort. An
denjenigen Motiven, die immer und fast überall der Pflanzenwelt für die Ornamentation
entlehnt worden sind, wie Rose, Lorbeer, Epheu, Lilie, Rebe, Distel, Eiche, Nelke, Palme,
Oelbaum, Granatapfel, soll gezeigt werden, wie nicht allein der Wille des Künstlers, na-
tionaler Kunstgeschmack, Zweck und Raum etc. der naturalistischen Wiedergabe Grenzen
gezogen, vielmehr die Eigenschaften des Stoffes unmittelbar zu Abweichungen von der
Natur genöthigt haben. Die Beweislührung erfordert, dass zuerst die Pflanze uaturtreii
in Form und Farben wiedergegeben werde, im ersten Heft also die Rose in den ver-
schiedenen Entwicklungsstadien der Blüthe bis zum entblatterten Fruchtknoten. Darauf
folgt in maßgebenden Beispielen die Anwendung in verschiedenen Stoßen: Marmor (an
der Cancelleria in Rom), textil (Florentiner Sammt- und Goldstolf. I5. Jahrhundert, und
deutsche Gold- und Seidenstickerei aus derselben Zeit), Bronze (vom Baptisterium zu
Florenz), Holz (vom Chorgestühl in S. Maria novella). Durchweg wird das Bestreben,
die Formen so charakteristisch darzustellen, wie es die Raumausfullung in symmetrischer
oder freier Anordnung, starrer oder hildsamer Stoff es zulassen. Die praktische Bedeu-
tung dieser Publication liegt vornehmlich darin, dass sie dazu beitragen kann und hof-
fentlich wird, unsere Kunsthandwerker und Schüler wieder daran zu gewöhnen, die
Natur mit eigenen Augen anzuschauen und deren Formen selbstlndig zu verwenden,
anstatt die von Anderen atilisirten zu copiren, oft ohne Berücksichtigung ihrer Entstehung.
B.
e
Monuments de Pancienne architecture russe. Edition de Pacademie im-
periale des beaux-arts. Par W. Souslow, architecte etc. zöfplanches.
St. Petersburg 1895. Fol. Livraison l". M. 7t.
Von der Absicht geleitet, die moderne nationale Kunstbetliatigung auf das Studium
der alten Denkmäler des Reiches hinzulenken, hat es die kaiserl. Akademie zu St. Petersburg
unternommen, das reiche Material, das ihr in den Aufnahmen ihrer Zöglinge zur Verfügung
steht, zu veroientlichen. Mehr als 800 Blauer füllen ihre Archive, von welchen die vor-