Litteratur - Bericht.
lllustrirter Grundriss der geschichtlichen Entwicklung des Unterrichts im
freien Zeichnen von Th. Wunderlich. Mit Biographien und Bild-
nissen der Förderer des Zeichenunterrichts. Stuttgart, W. Elfen-
bcrger, t89z. 8".
Das vorliegende Werk sucht den Zusammenhang der Entwicklung des Zeichen-
unterrichts mit der gesammten Unterrichts- und Erziehungslchre an allgemein bildenden
Lehranstalten festzustellen. Ein Hauptgewicht ist auf die Lebensbeschreibungen der
Förderer des Zeich enunterrichtes gelegt; soweit möglich wurden auch die Bildnisse der
Letzteren beigefügt. Von den Reformvorschlagen eines Comenius und Locke zu Beginn
des t7. Jahrhunderts bis zu denjenigen Hirth's und Meurer's der jüngsten Zeit, Enden
sich in Wunderlich's Schrift, in gedrangter Form, alle die Wandlungen aufgezählt, welche
dieses vielumstrittene Unterrichtsfach unter seinen verschiedenen Vertretern im Laufe
der letzten zweieinhalb Jahrhunderte durchzumachen hatte. lm Auszuge sind schließlich
auch die letzten Verordnungen mitgetheilt, welche in Preußen, Bayern, Württemberg
und Oesterreich für den Zeichenunterricht an Mittelschulen erlassen wurden. Dem Stand-
orte des Autors entsprechend bilden die heutigen Verhältnisse in Preußen das Schwer-
gewicht seiner Arbeit. H-e.
Q
Theophilos Hansen und seine Werke. Unter Mitwirkung des Hausen-
Clubs herausgegeben von George Niemann und Ferd. v. Feldegg.
Mit 5 Kupfertaß, i Farbendruck und 68 Textillustr. in Zinltätzung.
Wien, A. Schroll 8: Co., 1893. gr. 4". VII, 145 S. B. i8.
Unter allen hervorragenden Künstlern, denen das moderne Wien seine Physiognomie
verdankt, war keiner eine so scharf ausgeprägte lndividualitat, wie Theophil Hansen. Er
war mit seinem künstlerischen Glaubensbekenntniss ein für allemal im Reinen und trat
dafür bis an sein Lebensende mit dem Feuereifer heiliger Ueberzeugung ein. Dies ver-
schaffte ihm einen begeisterten Schüleranhang, und nicht die schwachen, mattherzigen
Talente waren es, auf die seine Werke zündend wirkten. Der letzte Ausfluss solcher
Begeisterung, und zugleich ein Denkmal pietatvoller Erinnerung an den geliebten Lehrer,
ist die vorliegende Monographie, ein Werk gleich ehrenvoll für den Meister wie für die Jünger.
- ln würdiger, man kann wohl sagen reicher Ausstattung tritt das Buch vor die OetTent-
lichkeit. An der Spitze ein von Michalek radirtes Bildniss Hansens, über 70 große und
kleine Abbildungen seiner Entwürfe und ausgeführten Bauten theils im Text, theils in
Einzeltafeln, ansprechendes Format und sehoner Druck geben dem stattlichen Bande ein
vornehmes Geprlge. Von der richtigen Anschauung ausgehend, dass der Schlüssel zu
Allem, was Hausen gewollt und geschaffen, die personliche Bekanntschaft mit dem
Meister bildet, schildert der Verfasser auf Grund seiner eigenen Erfahrungen in der
trefflich geschriebenen Einleitung Hansen's Wesen als Mensch und Künstler. Sein hoch
entwickelter Sinn für Monumentalitat, seine ausgesprochene Neigung, die drei Schwester-
künste Architektur, Malerei und Plastik vereint wirken zu lassen, seine Unermüdlichkeit
im Suchen nach dein besten Ausdruck für jeden künstlerischen Gedanken, seine feine
Empfindung endlich für die Kunst vergangener Epochen trotz der Vorliebe für das Grie-
chenthum, dies Alles wird in helles Licht gestellt, ohne dass der wichtige Hinweis fehlt,
wie sehr doch Hanaen, oft ohne es zu wollen, ein durch und durch moderner Künstler
war. Der Schilderung Hansen's als Architekten reiht sich dessen Charakterisirung als
Mensch an, eine der gemüthlich ansprechcndsten Partien des Buches.
Hansen's Jugend und Aufenthalt in Athen bildet dann den Anfang der eigentlichen
Biographie. Daran schließt sich der inhaltsreiche Abschnitt, der die Zeit von 1864 bis
1884, Hansen's Meisterjahre, umfasst. - Mit dem Baue des prächtigen Wafenmuseums
im Arsenals, der ihm übertragen wurde, war Hansen auf Jahre hinaus an Wien gefesselt.
Es folgten Arbeiten und Projecte für Athen, eine Reihe kleinerer Bauten, darunter die
reizvolle griechische Kirche am Alten Fleischmarkt, endlich jene Schöpfungen, welche
die Aufmerksamkeit der gesammten bauenden Welt auf Hansen lenkten: das Palais Sina,
die evangelische Schule und der Heinrichshof. Selbstverständlich erfahrt besonders dieser
Bau in seiner grundlegenden Bedeutung für die gesammte moderne Zinshaus-Architektur
eingehende Würdigung. Was das Haus' der Gesellschaft der Musikfreunde für das Wien
am Ausgangs der Sechziger Jahre bedeutete, ist heute unter dem Eindruck: weitaus
prlchtigerer Bauten fast vergessen und wird uns durch die enthusiastischen Schilderungen
ans jener Zeit wieder deutlich zum Bewusstsein gebracht. Der Verfasser verweilt sodann
bei der Würdigung der edlen, überaus vornehmen Faqade des Palastes des Hoch- und
Deutachmeisters Erzherzogs Wilhelm, bespricht eine Reihe palastartiger Zinahauser und