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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IX (1894 / 3)

in der knappen Zeit vor dem Dejeuner alles was ihr roth oder braun 
gebundener Cicerone als schön und merkwürdig anpreist, auch schön 
und merkwürdig zu finden. Und es ist auch wirklich nicht Jedermanns 
Sache, gebückt über ein spiegelndes Glaspult an langen, schon durch 
ihre Gleichförmigkeit ermüdenden Medaillenreihen sich Langeweile, Rücken- 
weh und stumpfe Augen zu holen. Dergleichen passte höchstens in die 
Zeit, da man, wie Goethe, im Postwagen nach Italien fuhr, von Ort 
zu Ort, und eine Reise ebensoviel Monate kostete, als heute Tage oder 
Wochen. 
Der Fürsorge der Direction, welche die Medaillen Katy's nun für 
das Oestetr. Museum in richtiger Würdigung ihrer großen Bedeutung 
auch in technischer Hinsicht erworben hat, verdanken wir Wiener, in 
deren Mitte der bedeutendste deutsche Medailleur, A. Scharü", lebt, dass 
wir in freudigem Bewusstsein heimatlicher Tüchtigkeit, uns nunmehr 
auch an dem Werke eines der hervorragendsten Künstler dieses Faches 
in romanischen Landen erfreuen dürfen. Und da die Freude des rechten 
Deutschen an einer Sache erst vollkommen wird, wenn er auch ein histo- 
risches Päckchen mit aufsacken kann und über ihr Wesen und Werden 
klar ist, so möge es gestattet sein, ausgehend von dieser bedeutenden Er- 
scheinung auf dem Gebiete der Kleinplastik und zu ihr zurückkehrend 
einen Blick auf die Vergangenheit der Medaille zu werfen; denn diese 
ist keineswegs dunkler oder plebejischer Herkunft, vielmehr weist sie eine 
stattliche, theils bürgerlich ehrenfeste, tlieils im vornehmen Hofkleid ein- 
hergehende Ahnenreihe auf, ja sie kann ihren Stammbaum mit gewisserem 
Erfolge, als es allzu eifrige Genealogen fürstlicher Geschlechter versucht 
haben, auf römisches Heidenthum zurückführen. Es mag dieser Versuch, 
die Stellung der Medaille innerhalb des Entwicklungsganges der Kunst 
im Allgemeinen, mit großen Strichen zu kennzeichnen, vielleicht nicht 
ungelegen kommen: existirt doch keine zusammenfassende Uebersicht 
dieses Kunstzweiges, der A man denke an die italienische Medaille vom 
Beginne des iS. und die deutsche vom Anfange des 16. Jahrhunderts - 
die edelsten und köstlichsten Früchte getragen hat 9). 
Der Name ist freilich, in der modernen Bedeutung, viel jünger. 
lm Mittelalter bezeichnete medullia einen halben Denar'); als aber die 
alte, das ganze frühere Mittelalter hindurch herrschende Denarwährung 
') Lenormanfs populäres Handbuch in der Bibliotheque de l'enseignement des 
Beaux-Arts (Monnuies et medailles) legt den Schwerpunkt auf die antike Numismatik und 
behandelt die Medaille nur oberflächlich; BolzenthaPs fleißige Arbeit, Skizzen zur Kunst- 
geschichte der Medaille (1426-1840), Berlin 1840, mit 3c Kupferiafeln", in aber heute 
großentheils veraltet. lch führe im Folgenden die wenig zahlreichen und sehr zerstreuten 
Arbeiten an, welche in neuerer Zeit über Medailleurkunst erschienen sind. 
') ln der altßorentinischcn Novellensammlung: ll Novellino ossia Libro di bel 
parlar gentileu aus dem I4. Jahrhundert heißt es in der 77. Novelle (von Bito und (Ser 
Frulli): Usavansi allora le medaglie in Firenze che le due valevano uno danaju.
	        
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