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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IX (1894 / 4)

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Herren Hofrath Dr. Bauer und Regierungsrath Bucher, zu Cassa- 
revisoren die Herren kaiserl. Rath Josef Mayer und Theodor Theyer 
wiedergewählt. 
Bastmh des Museums. Die Sammlungen des Museums wurden im Monat 
März von 8181, die Bibliothek von 2.04:, und die 'V0rlcsungen von 2.71 
Personen besucht.. 
Vorlesungen. Die beiden am 15. und 22. Februar gehaltenen Vortrage des Herrn 
Regierungsrathes Dr. A. llg beschlftigten sich mit einer Betrachtung über den Zu- 
stand und die Entwickelung des Kunsthandwerkes in der österreichischen Barocke, sowie 
sein Verhältniss zur grossen Kunst. Um das Charakteristische in der Sache zu beleuchten 
wurde in der Erörterung zunächst auf die Vorgängerin des Stiles, die sogenannte deutsche 
Renaissance zurückgegriGen und die glnzlich verschiedene Stellung geschildert, welche 
dort das damals dominirende Kunsthandwerk eingenommen hatte, während den Grundzug 
der Barocke in deren ästhetischer Wirkung die Suprematie des monumentalen Elementes 
über alle: Kleine, Ausschmückende und Detaillistische ausmacht. Für beide Stilrichtungen, 
die späte Renaissance wie die Barocke, wurde nun in sehr eingehender Weise durch- 
geführt, weshalb ihr Charakter sich durch diese verschiedene Stellung zum Kunstge- 
werblichen unterscheide, ein Nachweis, welcher die Grundlagen der Erscheinungen in 
historischen, nationalen, politischen, sowie in eigentlich künstlerischen Ursachen aufzu- 
decken bemüht war. Der Vortragende betonte ausdrücklich, dass er, ein Freund des 
Barockstiles, hier keineswegs dessen Loblied im Hinblick auf seine Bedeutung für's 
Kunstgewerbe singen wolle, im Gegentheil seine Absicht ging dahin, darzustellen, wie 
in dieser Periode das Handwerk an sich gerade die glanzendsten Eigenschaften aus den 
Tagen seiner nationalen Blüthe eingebüßt hatte. Aber es läge ihm auf der anderen Seite 
doch wieder am Herzen zu entwickeln, dass der große kosmopolitische Zug der Barocke 
Kunat und Handwerk unter der Aegide einer monumentalen Architektur auf großartige 
Weise vereinigt habe, so zwar, dass die Gesammtwirkung beider Elemente erst in ihrem 
Rahmen wieder eine einheitliche geworden ist. 
In dem eigentlichen historischen Theil des Vortrages wurde auf die bedeutenden 
Veränderungen und Umwälzungen eingegangen, welche die Organisation des Handwerkes 
in der Barocke erfahren hat. Die mächtige Erschütterung der volkswirthschaftlichen 
Verhältnisse durch den gojshrigen Krieg, die neuen Bahnen, welche die katholische Ge- 
genreformation dem Volksthume wies, das Zurücktreten des Bürgerthurnes und Städte- 
wesens und dagegen das Hervortreten des monarchischen, des aristokratischen und des 
kirchlichen Machtelementes, der ungeheuere Zudrang und Einüuss der Italiener, diese 
Umstände alle gestalteten die ganze Sachlage um. ln einzelnen Erscheinungen, wie 
z. B. in der Ernennung der sogenannten hofbefreiten Künstler und Handwerker, zeigt 
sich der Kampf des neuen mit dem alten zünftischen Geiste. Das Handler- und Agentenwesen, 
die Lieferanten drangen sich zwischen den Consumenten und den producirenden Meister, 
wie das in früheren Zeiten nie vorgekommen war. Die Erscheinung hatte aber wichtige 
Rückwirkungen auf die Production selbst. Eine ebenfalls sehr bedeutsame Neuerung in 
dieser Zeit ist das immer mehr gedeihende System der Etablirung von Fabriken und 
Industrien durch den Staat, wobei das Muster Frankreichs vorleuchtete. Redner nahm 
Gelegenheit, hier viele Details üher derartige Bestrebungen in Oesterreich, über den Ein- 
fluss der Ideen eines Leibniz in solcher Richtung zu entwickeln, andererseits aber auch 
ein besonderes Capitel über die höchst interessante Stellung einzuüechten, welche der 
politische Feind Oesterreichs, Frankreich, damals als Muster auch für dieses Oesterreich 
einnahm. Den Schluss des Vortrages bildete eine Darstellung iener Kunstgewerbe und 
Handwerke, welche in der österreichischen Barocke für dieselben theils neu, theils doch 
besonders charakteristisch hervortraten. Es wurde deren Ursprung und Entwickelung, die 
wichtigsten Meister und die hervorragendsten Leistungen derselben in mannigfachen 
Beispielen geschildert, nämlich das Gobelinfach, die Seidenweberei, die Spitzenfabrication, 
das böhmische Glas, die Spiegel, das Porzellan, Elfenbeinplastik und Elfenbeindrechselei, 
die durch den Einßuss Ostasiens emporblühende Lackmalerei, der Equipagenbau, endlich 
die Gartenkunst. 
Besonders eingehend verbreitete sich der Vortrag über das Kunstfach des Stuccrfs, 
dessen ornarnentaler Stilcharakter erörtert wurde. Dabei zeigte der Vortragende, dass 
der Stuccostil der Barocke vielfach bestimmend und grundlegend geworden sei für die 
Decoration einer ganzen Reihe anderer Techniken, so z. B. fur Holz- und Eisenarbeiten, 
Glaaschliß", Spitzen etc. - eine Sache, welche bisher noch zu wenig in Betracht gezogen 
worden zu sein scheint. 
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