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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IX (1894 / 10)

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Untersuchung im Auge behalten. 
Die Modellierung der beiden Figuren aus 
dem Besitz des Victoria 8c Albert Museum 
und des Ehepaars Blofeld hat wenig mit 
Fukien-Porzellan gemeinsam. Wenn Fukien- 
Figuren auch häufig, ähnlich den Objekten 
unserer Untersuchung, mit zur Seite ge- 
neigtem Kopf auf Sockeln mit Wolken- 
schnörkeln stehen, so sind doch normaler- 
weise die Schultern chinesischer Figuren 
frontal ausgerichtet; unsere beiden Figuren 
hingegen sind darauf angelegt, zwei Profil- 
ansichten zu bieten (Abb. 5 und 6) und 
machen, von vorne betrachtet, keinen gün- 
stigen Eindruck. In dieser Hinsicht und 
auch in anderen Punkten unterscheiden sie 
sich von chinesischen und japanischen Por- 
zellanfiguren, die im frühen 18. jahrhun- 
dert in Europa bekannt waren (Abb. 4). 
Auch scheint es keine Analogien zu ost- 
asiatischen Holz- oder Metallplastiken zu 
geben. Es ist daher fast sicher, daß die 
beiden Figuren, mögen sie nun Japaner 
oder Chinesen darstellen, Arbeiten euro- 
päischer Provenienz sind, die mit echter 
ostasiatische: Kunst wenig gemeinsam ha- 
ben, vielleicht aber von zweidimensionaler 
Kunst wie Malerei und Graphik oder von 
Lackarbeiten inspiriert wurden. Bei echten 
ostasiatischen Kunstwerken beispielsweise 
würde man vergeblich nach den halb- 
runden Lappen an der Rückseite der Figu- 
ren, unterhalb der Taille, suchen, während 
derartige Verzierungen an europäischen 
Theaterkostümen gang und gäbe waren. 
Die beiden Figuren bilden kcin Paar im 
üblichen Sinn, denn beide blicken in die 
gleiche Richtung und zeigen die gleiche 
Haltung; auch können sie nicht nach der 
gleichen Form gemacht worden sein. Der 
Unterschied in Größe und Proportion ist, 
abgesehen von jenen cingravierten oder 
aufgetragenen Details, die erst nach dem 
Guß der Figuren hinzugefügt wurden, zu 
oHensichtlich. Die Figuren sind unten 
offen, so daß die Spuren der Werkzeuge 
sichtbar sind, mit welchen die Masse in 
die Form gedrückt wurde, und durch die 
man auch wahrnehmen kann, daß die 
röhrenförmigen Hälse in ähnlicher Weise 
aufgesetzt sind wie bei chinesischen Blanc- 
de-Chine-Figuren. Ein besonderes Merkmal 
der Figuren, das aber eher eines der Deko- 
ration als der Herstellungsmethode zu sein 
scheint, ist eine Reihe von runden Löchern, 
die wie Knöpfe an der Vorderseite der 
Gewänder und seitlich am Kopfputz an- 
geordnet sind. Möglicherweise waren diese 
Löcher dazu bestimmt, Edelsteine oder 
Metallornarnente aufzunehmen. Im I-Iin- 
blick auf die Sockelöffnungen der Figuren 
waren die Löcher wohl kaum für Blumen 
oder als AbzugsöPinungen für den Duft 
von Pot-pourris gedacht. 
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