außerordentlich große, auf edlen und gesunden Principien beruhende
Umgestaltung der Verhältnisse und Menschen muss auch eine Neubildung
der Kunst zur Folge habenm
Mit patriotischer Freude constatirte auch der Vortrag, dass in
gleicher Weise Oesterreich an dieser Bewegung der Geister theilnehme,
ia im künstlerischen Ausdruck derselben sehr merklich vorangehe. wSowie
die auf freiheitlichen Grundlagen erfolgte Neugestaltung des Reiches alle
Keime des reichen Volkslebens erst zur Entfaltung gebracht hat, ebenso
fand nun auch das auf neuen gesetzlichen Grundlagen sich entwickelnde
Staats- und Gemeindeleben in der Baukunst einen künstlerisch verklärten
Ausdruckm Der große Sinn des Kaisers, der bedeutendere lnbalt der
Zeit und das glückliche Zusammentreffen der Talente haben an dem
mächtigen Aufschwung unserer Bauthätigkeit ihren gleichgemessenen
Antheil. -
Zur Ergänzung dieser inhaltsreichen Ausführungen wäre noch auf
einige Stellen aus der Denkschrift hinzuweisen, welche dem Entwurfe
Ferstel's für das Reichsrathsgehäude in Berlin beigegeben war
und 1882 gedruckt erschien. Dort lesen wir: nZum Ausdruck großer
architektonischer Gedanken befähigt allein die vollkommene Beherrschung
einer allgemein verständlichen Formensprache. Nur mit dieser Macht
ausgestattet, werden wir wieder originell sein können, weil nur die ein-
fachsten und gemeinverständlichsten Mittel überzeugend wirken und weil
es nur auf diese Weise gelingen kann, die alten Formen neu zu beleben.
Das Motto: nßramanteu, welches ich meinem Entwurfe beigelegt
habe, soll dieser meiner Ueberzeugung Ausdruck verleihen, dass uns das
Beispiel der alten Meister auf den rechten Weg führen muss. . . Bramante
fand sich am Schlusse des 15. Jahrhunderts in einer ähnlichen Lage, in
der wir uns heute betinden. Aus dem bunten und ziemlich zerfahrenen
Wesen der damals herrschenden Richtungen wusste er den richtigen Weg
zu wählen, indem er bei Anwendung einfachster Mittel vor Allem auf
den charakteristischen Ausdruck den architektonischen Accent zu legen
bemüht war. . . Die Eignung der italienischen Hochrenaissance für die
modernen Baubedürfnisse, man kann wohl sagen: ihr internationaler
Charakter, dürfte, nachdem ein streng nationaler Stil nicht vorliegt, die
gewählten Formen für den vorliegenden Zweck (nämlich in diesem Falle
für das Reichsrathsgebäude in Berlin) wohl empfehlenm
Der Name wBramanteu tönt wie ein Cantus firmus durch das ganze
Programm FersteVs hin. Bei Bramante erforschte er sein künstlerisches
Gewissen, wenn er auch sonst nach Bedarf auf vollere Formen, kräftigere
Gliederungen einging, als sie bei jenem maßvollen Architekten, der sich
wenig aus der Facadeiiäche herauswagte, sonst vorkommen. Der Arcaden-
hof des ßOesterr. Museums: ist - wie ich bereits erwähnte -- entschieden
hramantesk; in dem Universitätsbau ging Ferstel zu der mächtigen Hof-
architektur im Sinne der späteren Hochrenaissance über - aber in den