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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VIII (1893 / 3)

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auch nicht nach einer chronologisch geordneten Entwicklungsreihe, son- 
dern nachvEigenthümern zusammengestellt erschienen. Es ist aber höchst 
fraglich, 0h die Veranstalter sowohl als die einheimischen Besucher im 
Ganzen genommen den beregten Mangel der Aufstellung als solchen em- 
pfuuden haben. Die Pariser Zeitungen wenigstens, die sich mit der Aus- 
stellung in einer auch für nichtfranzösische Verhältnisse höchst nach- 
ahmungswürdigen eingehenden Weise beschäftigten, ließen von derlei 
Wahrnehmungen nichts merken, und wussten ganz andere Punkte zur 
Zielscheibe ihrer Kritik zu nehmen. Dieser Umstand ist aber zugleich 
charakteristisch für das französische Ausstellungswesen überhaupt. Nicht 
der lehrhaft-praktisclxe Zweck war es, den man so wie bei uns bis zur 
Greifbarkeit deutlich in den Vordergrund stellen wollte, sondern der- 
jenige der Unterhaltung mittels gefälliger Schaustellung, wodurch man 
gleichwohl anzuregen und zu bilden gedachte. 
Uebrigens entbehrte auch die Gruppirung der Gegenstände nach 
Eigenthümern nicht eines gewissen Reizes und dürfte denselben nament- 
lich bei den Parisern nicht verfehlt haben, denen ja die einzelnen Aus- 
steller vielfach persönlich bekannt sein mussten. Es war nämlich mit- 
unter höchst ergötzlich zu beobachten, wie sich die individuellen Nei- 
gungen und Geschmacksrichtungen der Sammler in ihren Ausstellungs- 
objecten verriethen, erstaunlich auch die Specialisirung, die man da 
antrelfen konnte und die einen Rückschluss zulässt auf die immense 
Menge alten Kunstkrams, der in den Wohnungen der Tausende von 
großen und kleinen Sammlern in Paris und auch draußen in der Provinz 
aufgestapelt ist. So hat sich z. B. ein solcher Liebhaber in den Kopf 
gesetzt, eine möglichst große Anzahl von Muscatnuss-Reibern zusammen- 
zubringen, wie man sie im 17. und 18. Jahrhundert, namentlich in 
Elfenbeinschnitzerei, zahlreich hergestellt hat. Dies zugleich zum Beweise, 
dass man auch da vielfach unterschiedslos Arbeiten für die Frau neben 
solchen von Frauenhand antreffen konnte. 
Eine Aufzählung der solchermaßen zur Ausstellung gelangten älteren 
Kunstgegenstände erscheint für unseren Zweck wohl überflüssig. Es seien 
daher aus der bunten schwer übersehbaren Menge blos einige Gegen- 
stände herausgegriffen, die insbesondere den österreichischen Besucher 
nicht ganz gleichgiltig lassen konnten. Erstlich einige Reliquien der 
Königin Maria Antoinette, die ja, wie die französischen Schriftsteller heute 
einstimmig zugeben, im Kunstleben ihrer Zeit, und zwar ganz besonders 
soweit dasselbe die Frau betraf, eine tonangebende, ja führende Rolle 
gespielt hat. Das mit feinen Streublümchen übersäete Ruhebett der 
Königin, das sich im Besitze einer französischen Adelsfamilie erhalten 
hat, war schon früher durch Abbildungen bekannt geworden. Daneben 
hing in der Ausstellung ein großer Teppich in Straminstickerei, weniger 
bedeutsam durch das großblurnige Streumuster als durch die beglaubigte 
Thatsache, dass derselbe von der unglücklichen Königin in den zwei
	        
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