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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VIII (1893 / 7)

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gewürdigte Schedulu diversurum artium des Priesters Theophilus. Selbst 
Germain Bapst, welcher die Schedula nur in der Ausgabe des Grafen 
Charles de PEscaIopier benützte, sind diese für uns wichtigen Nach- 
richten entgangen, so dass er in seiner sonst so werthvollen Arbeit über 
das Zinn") direct erklärt: Theophilus habe dieses Metall nur in der 
Malerei, und zwar zu Folien verarbeitet, benützt. Die Schedula enthält 
jedoch') eine eingehende Erklärung aller Vorgänge bei der Anfertigung 
von Gefäßen aus Zinn, sowohl von gegossenen als von gehämmerten. 
Auch werden die zur Fertigstellung nöthigen Arbeiten, das Löthen, Ab- 
drehen und Poliren gezeigt. Durch den Einblick in eine Klosterwerkstatt 
aus dem Ende des u. Jahrhunderts, welcher hiebei geboten wird, erhalten 
wir eine weitaus größere Kenntniss bezüglich der Zinnarbeiten des Mittel- 
alters als durch die Autopsie der ältesten vorhandenen Objecte aus Zinn 
(welche auch alle das Alter der Schedula nicht aufweisen) gewonnen 
werden kann. 
Der Guss der Ampullen, wie ihn Theophilus beschreibt, geschieht 
aus verlorener Form, d. h. dieselbe wird über ein Wachsmodell, nicht 
aus Stücken, sondern allseitig geschlossen hergestellt. Sie kann nach 
Entfernung des Wachses nur ein einzigesmal zum Gusse benützt werden, 
da sie, um den gegossenen Gegenstand bloßzulegen, zerstört werden muss. 
Nebenbei bemerkt wird der Guss aus verlorener Form bei den Bronze- 
arbeiten der Asiaten, der Japaner zumal, vielfach auch bei den besten 
Kunstbronzen der Franzosen beute noch in Anwendung gebracht. Als 
wichtiges Werkzeug unseres Zinngießers in der Klosterwerkstatt finden 
wir schon die Drehbank vor, welche trotz ihrer primitiven Construction 
doch schon auch zur Anfertigung hölzerner Schüsseln und sonstiger 
Gefäße verwendet wird. Die Vorgänge bei der Arbeit, wie sie uns Theo- 
philus zeigt, gestalten sich in folgender Weise: Ein geschmiedetes Stück 
Eisen, wso lang wie die Hand und ein wenig dünner als der kleine 
Fingenu, nach einem Ende hin konisch verjüngt, wird am dickeren Ende 
mit einem hölzernen Griff versehen, den wir am einfachsten beschreiben, 
wenn wir ihn als spulenförmig bezeichnen. Dieses Eisen mit dem Holz- 
gritf würde ein Drechsler die Spindel mit der Rolle nennen. Diese 
Spindel dreht sich zwischen zwei Docken (hinter columpnasu) um ihre 
eigene Achse. Nun wird die Spindel schichtenweise mit Thon belegt und 
iede Schichte für sich getrocknet. Dem auf diese Weise geformten, an 
der Spindel steckenden Tbonklumpen gibt der Künstler durch Abdrehen 
die gewünschte Form und zwar eine solche, welche dem Hohlraum des 
zu erzeugenden Kännchens entspricht. Bemerkenswerth ist, dass das 
mittelalterliche tornatorium, die Dreh- oder Drechselbank der Kloster- 
werkstatt, kein Rad besitzt, auch keinen Bogen u. dgl., um die Rolle in 
') Ulälain. Paris, G. Massen, 1884. 
') Cay. LXXXVH-LXXXXIX,
	        
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