Zinnarbeiten.
Von Prof. Hans Mach t.
(Schluss.)
Am ausgiebigsten wird unsere Umschau sowohl in Bezug auf
historische Nachrichten als auch mit Rücksicht auf die erhaltenen Objecte
von Erfolg begleitet, wenn wir den Blick nach dem alten Nürnberg des
16. Jahrhunderts richten. Durch feste Zunftordnungen geregelt, wurde
der Zinnguss unter der Aufsicht geschworener Meister ausgeübt, welche
die Qualität des Zinns sowohl als auch die Güte der Arbeit zu prüfen
hatten. Gegenstände aus wgemeinem Zinnu durften nicht anders als im
Verhältniss von 1 Pfund Blei zu 10 Pfund Zinn legirt sein und wurden
mit dem Nürnberger Stadtwappen gestempelt. Englisches Zinn durfte man
nicht mit Blei versetzen und wurde die daraus gemachte wgeschlageneu
Arbeit mit Adler und Krone, was aber nauf englische Art gemacht und
purgirtu war, mit dem Adler, der Krone und der Rose gezeichnet.
Außer diesen officiellen Beschauzeichen trug jedes Stück des Meisters
das Nürnberger Wappen mit eeinern unterscheidenden Beizeichen. Nach
ähnlichen Grundsätzen wurde auch in anderen Städten vorgegangen.
Die Arbeiten waren zu prüfen in Bezug auf das Gießen und Drehen.
Diese beiden Zweige der Zinnbearbeitung erfuhren schon damals jene
wesentlichen Verbesserungen, welche auch heute noch Geltung besitzen:
Die Anfertigung der Gussformen aus einzelnen Stücken und aus wider-
standsfähigem Material, sowie die Benützung der rationell construirten
Drehbank zur Vervollkommnung der glatten Profile.
Was aus dem Eigenthum der alten Zünfte auf uns gekommen ist,
besteht zunächst aus den sorgfältig bewahrten, in Ehren gehaltenen
Gefäßen, deren sich Meister und Gesellen des Handwerks bei ihren Zu-
sammenkünften urnit Gunstu bedienen mochten. Willkommbecher, ge-
räumige, schwere Zunftkannen mit den dazugehörigen Tringefäßen in der
Form von Henkelkrügen bildeten die vornehmsten Stücke.
Was aus dem Besitzstande des Patrizierthums oder aus dem wohl-
habenden Bürgerhause herstammt, diente zur Zier oder zum Gebrauche,
vom Kunstwerke unübertreHlicher Vollkommenheit bis zum gewöhnlichen
Speisegeschirr herab, oder zu den einfachen Gefäßen und Schüsseln,
welche die niemals benützten, nur zum Schmucke des Hauses dienenden
Schauküchen füllten. Die Zinnarbeiten zeigen sich in mannigfaltiger Aus-
wahl. Es finden sich Behälter für Getränke; die verschiedenen Arten
großer Henkelkannen, in der Regel auf drei Füßen stehend, gedeckelt
und nahe am Boden mit einem Hahn versehen; Krüge und Kannen,
zierliche Becher als Trinkgefäße; Salzfässer, Leuchter und Ampeln;
Waschbecken und die dazugehörigen Wassergefäße").
") Ein anschauliches Bild verschafft uns hievon Hans Sachs, der sich über den
nKandelgießeru also vernehmen lässt: