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manischen Reliquienschreine rheinischen Ursprungs im Sinne habe. Von Bedeutung aber
blieb das rheinische Goldschmiedehandwerlt auch spüterhin, wie denn auch die modernen
Goldarbeiten dieser Provenienz volle Beachtung verdienen. Die Publication von H. Loersch
gibt nun ein bisher gänzlich unbekannt gebliebenes Gedenkbuch der Aachener Gold-
schmiedezunft wieder, das sich in Privatbesitz erhalten hat. Es enthalt die Zunftstatuten
von i573 und Nachtrage rechtsgeschichtlicher Natur aus der Zeit von i596 bis 1663 und
aus dem Jahre 1720.
Die Kenntniss von den Vorschriften der Goldschmiedezünfte in verschiedenen
Stadten wurde bekanntlich durch die Arbeiten von Hans Meyer und Friedrich Crull
besonders gefördert, woran sich vor wenigen Jahren Bruno Bucher's Publication des
Krakauer Behemcodex anreihte. Was Loersch nun beibringt, bedeutet eine neuerliche
dankenswerthe Erweiterung unseres Wissens auf dem angedeuteten Gebiete; es wird
allen Jenen unentbehrlich sein, die sich für die Geschichte der Goldschmiedeltunst
im 16. Jahrhundert interessiren. Fr.
l
Die Roggenkorngemmen des frühchristlichen Kirchengeräthes. Von
H. Sökeland. Aus den Verhandlungen der Berliner Anthropo-
logischen Gesellschaft. Berlin i8gi.
Der Verfasser hat die Beobachtung gemacht, dass Edelsteine und Halbedelsteine
an mittelalterlichen Reliquiarien, Kreuzen, Buchdeckeln etc. häufig Vertiefungen zeigen,
die man bei oberflächlicher Betrachtung für zufällige Verletzungen halten kann, deren im
Wesentlichen übereinstimmende, an ein Roggenkorn erinnernde Gestalt und (in manchen
Fallen) Combinirung jedoch absichtliches Einschleifen unzweifelhaft machen. Er hat in
verschiedenen Kirchen und Sammlungen in Deutschland, an der Büste des heil. Blasius
im Schatze des Herzogs von Cumberland, ferner in Utrecht, Moriza, Mailand, Venedig
31 901419, üllrlilgingig en cabochon geschliffene Steine mit einem bis ai Einschnitten
nachgewiesen. Die meisten stehen vereinzelt und vollig regellos, einigemal kommt Kreuz-
form vor, an einem Buchdeckel aus Niedermtinster in der Münchener Bibliothek sieht
man auf einem herzförmigen Stein ein Kreuz, eine Rosette und einzelne Vertiefungen,
im Ganzen H. Der Verfasser verinuthet, dass Künstler des frühen Mittelalters durch
antike lntaglien angeregt worden seien, die für kirchliche Gegenstand: bestimmten Steine zu
ornamentiren soweit ihre geringe Technik dies möglich machte. Dem dürfte aber wider-
sprechen, dass einer symmetrischen Anordnung überall scheinbar geflissentlich aus dem
VVege gegangen ist, was doch weder zu dem Kunstcharakter der Zeit, noch zu den an-
tiken Vorbildern stimmen würde. Es ist auffallend, dass ihn nicht Kunsttechniker auf eine
andere Spur gelenkt haben. Steine von solcher Große kommen bekanntlich fast nie ohne
Fehler vor, die heutzutage vermittelst des Fasseitenschlilfs beseitigt werden. An geschlif-
fenen Glasern lässt sich beobachten, dass Kugeln u. dgl. mitunter nur zu dem Zweck
angebracht worden sind, eingesunkene Stellen zu maskiren, wozu in der Porzellanmalerei
Streublfimchen benutzt zu werden pßegen. Sollten die Roggenltorner nicht in dieselbe
Kategorie gehören? Namentlich die vom Rande eines Steins ausgehenden Stellen scheinen
diese Annahme zu bestätigen. B-
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- IKleine Galeriestudienc von Dr. Theodor Frimn-iel (Bamberg, Buchner).
Auf den mannigfachen Gewinn, welcher der Kunstgeschichte durch dieses höchst ver-
dienstliche Werk Frimmefs erwächst, ist bereits gelegentlich der Besprechung der ersten
Lieferung in diesen Blattern (iMitiheilungem, N. F. Bd. lll. p. 356) hingewiesen worden.
Der kürzlich erschienene zweite Theil bringt nun den I. Band des Werkes zum Abschluss.
Er ist den Galerien in Budapest gewidmet, und zwar der Landesgalerie, der National-
galerie uiid der Sammlung des Senaisprasidenten Georg uns. Den Schluss des zweiten
Theiles und damit des I. Bandes bildet ein sehr lesenswerthes Capitel von allgemeinerem
Interesse, namlich eine Abhandlung über das von dem Autor schon vor einigen Jahren
an anderem Orte erörterte Thema: -Wie die alten Gemalde wandernr.
l
- i-Der Formenschatu, herausgegeben von Georg Hirth in München. Diese
äußerst werthvolle Sammlung von Vorbildern für das Kunstgewerbe eröffnet mit dem
kürzlich erschienenen Hefte bereits den ig. Jahrgang (jährlich iz Hefte ä Mk. ifzg),
umfasst also schon ungeflhr 1500 Blltter Reproductionen von Werken aus allen Gebieten
der Kunst und des Kunsthandwerks. Durch Vielseitigkeit, verstandige Auswahl und ent-
sprechende Wiedergabe der dargestellten Kunstwerke erfüllt der rFormenschatzr that-
sachlich vollauf seine selbstgestellte Aufgabe: Künstlern und Kunstgewerbetreibenden
eine Quelle der Belehrung und Anregung zu sein.