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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VII (1892 / 4)

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dem allgemeinen Künstlerlaufe entsprechend, mit christlichem Inhalte verbunden. ln 
den dargestellten Personen sind Portrütszüge und typische Bilder zu unterscheiden. 
Die Ansicht, dass es Christus- und Madonnenporträts gegeben habe, darf gegenwärtig 
nicht mehr als bloße Legende behandelt werden, die Gesichtszüge der Apostelfürsten 
Petrus und Paulus lassen sich schon feststellen. ln einem vergleichenden Excurse wies der 
Vortragende auf beabsichtigte oder zufallige Aehnlichkeiten der altchristlicben Malerei 
und der Renaissancekunst hin. Bei den biblischen und symbolischen Bildern wurden nebst 
den Wunderthaten Christi besonders die Scenen: aDominus legem den und die Ent- 
stehung und Bedeutung des Nimbus ausgeführt; als Beispiel der Arcansymbolik und 
ihres Beweismatcriiiles diente der IXOYZ und im Anschlusse daran die altchristliche 
disputa del sacramento in S. Callisto. Zur allgemeinen Charakteristik des lnhaltes der 
Katakombenbilder ist gegen Grillparzefs düstere Schilderung der kahlen Gange von 
S. Sebästiano zu bemerken, dass den Gruniiton dieser Bilder eine freudige Zuversicht 
und gläubige Hoffnung bilden. Die Leiden der Verfolgung werden ganz von der Dar- 
stellung ausgeschlossen und offene Kreuzigungsbilder kommen erst vom 5. Jahrh. an vor. 
Die altchristliche Sculptur theilt im Allgemeinen mit der Malerei den lnhalt. lhre 
thatsächlich mindere Begünstigung hat aber nicht in einem dogmatisch innerlichen 
Gegensatze des Christenthumes zur Sculptur, wie Lüblte vermuthet, sondern in außer- 
lich beschränkenden Verhältnissen ihre Erklärung. Besonderen Werth bietet die Sculptur 
der Katakomben nebst einigen trelflichen Originalien für die Frage der Marmorpoly- 
chromie, welche sie im beiahenden Sinne entscheidet und wobei sie zugleich, wie der 
Vortragende an einigen seiner Funde aus S. Priszilla zeigte, die thatsachliche Farblosig- 
lteit späterer Marmorfunde erkläre. Für die kirchliche Kleinkunst und das Verständniss 
ihrer Formen ist die Kenntniss des frühchristlichen Kirchengeräthes von grundlegender 
Bedeutung. Diese Formen waren das Problem, welche das Mittelalter zur Weiterbildung 
übernahm. Die Aesthetik der liturgischen Kunst kann auf die Kenntniss des Formen- 
principes nicht verzichten. Der merkwürdige Doppelsinn des Wortes i-Principu bedeute 
hier mit Recht nAnfang der Erkenntnissn und zugleich wl-Irkenntniss des Anfangsu. 
Schließlich gedachte der Vortragende des auf den 23. Februar d. J. fallenden 
70. Geburtstages J. B. de Rossfs, tles genialen Wiederentdeckers der Katakomben und Be- 
gründers der christlichen Archäologie. Scbliemann's praktische Erfolge mit dem Wissen eines 
Montfaucon und Mabillon verbindend, habe er durch eine rein sachliche, glänzend gerecht- 
fertigte Methode seine überraschenden Resultate erzielt. Auf weiten Studienreisen sammelte 
de Rossi sein reiches Material aus Pilgerbüchern, ltinerarien und den Martyreracten. 
Seine Verdienste um die fast unentwirrbare Topographie der Roma sotteranea sind einzig 
und unerreicht. rAm Schreibtische entdeckte er die Katakomben: und was mehr ist, er 
gab ihnen den richtigen Namen. Auch die classische Schwesterwissenschaft verdankt ihm, 
besonders in der Epigraphik, wesentliche Forderung. Bis in unsere Tage beweisen immer 
neue, vielfach überraschende Funde die Treue der Geistesschirfe und des Glückes. Die 
hervorragendsten wissenschaftlichen Institute der Welt zahlen ihn zu ihrem Mitgliede und 
überall wird sein Fest mit Interesse und unbedingter begeisteter Theilnahme begangen. 
Moge dieser Ehrentag moderner Wissenschaft und eines ihrer genialsten Pionniere auch 
für die altchriatlichen Monumente Ocsterreichs begeistertes Interesse wecken. 
Die Siilona christiana tritt bereits in die Fußstapfen der Roma sotteranca, aber auch 
Aquileja, Pola, Grade, die Wege des Christenthums über Syrmium, Lauriacum, Juvavum, 
bergen zahlreiche und wichtige Reliquien aus frühchristlicher Periode. Die phänomenalen 
handschriftlichen, textilen und monumentalen Schätze Wiena lassen die Bearbeitung und 
Erhaltung desselben als eine Ehrenpiliclit Oesterreichs erscheinen. 
Litteratur-Bericht. 
Histoire du luminaire depuis Yepoque romaine jusqu'au XIX" siecle. 
Ouvrage contenant 500 gravures dans le texte et 80 grandes planches 
hors texte imprimees en deux teintes. lllustrations de M. Emile Solvet 
avec le concours de MM. Berteault et Vaucanu par Henry-Rene 
(l'Allemagne, Archiviste-Paleographe. Paris, Alph. Picard, 189i. 
4". VI, 702 S. fr. 40. 
Das Unternehmen, eine Geschichte der Beleuchtungsgegenstände zu schreiben, hat 
ohne Zweifel etwns Ueberrnschendes, denn ein Material wie dieses fügt sich kaum ohne 
Anwendung von Gewsltmitteln einer zusammenfassenden Behandlung, und man ist begierig 
zu erfahren, wie sich der Autor seiner schwierigen Aufgabe entledigt hat. D'Allemagne glie-
	        
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