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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VII (1892 / 8)

scheinung nach Lawrence könneuallerdings den Wettkampf mit den 
früheren Modestechern siegreich aufnehmen, und die Bewunderung für 
Bartolozzi, dessen Probedrucke noch heute in England wahnsinnig hoch 
bezahlt werden, ging so weit, ihn den Stecher der Grazien zu nennen. 
Wenn dies entschieden übertrieben ist, so ist doch Bartolozzi's Vorherr- 
schaft in der englischen Stecherschule unbestreitbar, und eine ganze 
Cohorte treßlicher Künstler schaarte sich um ihn, von deren Schöpfungen 
sehr viele in der Ausstellung vertreten sind. Hiebei ist nur zu bemerken, 
dass diese englischen punktirten Blätter so gut wie die bunten englischen 
Schabkunstblätter nicht mit Ueberdruck mehrerer Platten hergestellt sind, 
sondern es sind zumeist Abdrücke einer einzigen, mit den entsprechenden 
Farben eingeriebenen Platte, deren Vollendung zuletzt mit kunstreichen Re- 
touchen auf dem Papiere erzielt wird. Vom Standpunkte der Technik also 
eigentlich weniger achtunggebietend, genießen jedoch diese Blätter, viel! 
fach Illustrationen des herzerquickenden englischen Familienlebens nach 
Bildern von Morland, Singleton, Westall u. A., bei dem Publicum mit 
Recht eine außerordentliche Beliebtheit. Schließlich wurde aber der ganze 
Punktirstich allzu manirirt und heutzutage ist in England wieder die 
Schabkunst zu einem, meines Erachtens allerdings nur blutarruen Schein- 
leben erwacht. 
Die Punktirmanier nahm ihren Weg auch nach Deutschland, wo 
Heinrich Sinzenich aus Mannheim (geb. 1752) einer ihrer besten Ver- 
treter wurde, und neben ihm die Oesterreicher Karl Hermann Pfeiüer 
(geb. in Frankfurt a. M., 1- 1829 in Wien), John, Durmer und Neidl, 
auf deren punktirte Porträtstiche wir ebenso stolz sein dürfen, wie auf 
die Schabkunstblätter von Kininger und Pichler. Nicht minder fleißig 
wurde in Frankreich und Italien diese Manier eine Zeit lang geübt. 
Künstler wie Bonnefoy, Cazenave, Chaponnier, Copin, Louis Darcis, die 
beiden Legrand, Nicol. Francois Regnault, Roger, Fabris, Schiavonetti, 
Tresca, Vendramini und Zaffonato liefern eine Menge von Blättern nach 
Baudouin, Boilly, Lavreince, Prudhon, nach Canova, Pellegrini u. A. m., 
die sich ebensosehr durch die Grazie und holde Schalkhaftigkeit der mehr 
oder minder galanten, manchmal freilich kaum mehr ausstellungsflihigen 
Suiets, als durch ihre gediegene Ausführung und Feinfühligkeit für Farbe 
auszeichnen. Aber die Massenproduction von Flugblättern und Porträts 
von Tagesberühmtheiten in der Revolutionszeit machte auch hier die 
Punktirmanier entarten, aus deren Mittelmäßigkeit nur einige historische 
Scenen und Bildnisse hervorragen. Ueberdies hatte .l1ier in Frankreich 
auch schon wieder eine neue Technik, also nun bereits die vierte, den 
Vorrang über alle übrigen errungen, nämlich die Aquatinta-, BlSIßl", 
Lavis-, Tusch- oder Aquarellmanier. 
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Der Altvater unserer modernen Kupferstichkunde, Adam v. Ba rtsc h, i 
unterscheidet in seiner 182i erschienenen Anleitung zur Kupferstichkunde
	        
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