Für die memphitische Periode, das sogenannte "Alte Reichw-
(vor 2130 v. Chr.), bilden die Darstellungen in den Mastaba's die wich-
tigste Fundstätte ägyptischen Schmuckes. Diese in der Nähe der großen
Pyramiden liegenden Privatgräber der vornehmen Bewohner von Memphis
entwickeln in ihren figurenreichen Darstellungen ein anschauliches Bild
ägyptischen Lebens und Treibens und zeigen zunächst in Bezug auf
Schmuck und Tracht einen hohen Grad von Einfachheit, ja eine Be-
dürfnisslosigkeit, die für's Erste überrascht, da wir nicht nur wissen,
dass wir hier bereits vor Erzeugnissen einer alten Cultur stehen, son-
dern uns auch erinnern, zu welch' hoher Vollendung es die Aegypter
auf anderen Gebieten der Kunst, namentlich auf dem der Sculptur, schon
gebracht haben.
Hat eine zu hohe Auffassung von den Aufgaben der Kunst dieses
Volk daran verhindert, sein technisches Können an Arbeiten geringerer
Art zu verschwenden? Oder sollen wir in dieser Einfachheit einen cha-
rakteristischen Zug der Culturnation im Gegensatze zu barbarischen
Stämmen erkennen, welche in der Regel schon ihre primitivsten tech-
nischen Errungenschaften zur Hebung ihrer äußeren Erscheinung ver-
wenden? - Noch Eines könnte als Grund dieser merkwürdigen That-
sache angenommen werden, ich meine die oft im Laufe der Geschichte
zu beobachtende Neigung der Culturvölker, erst von der Beschäftigung
mit höheren Problemen zur Lösung von solchen niedrigerer Ordnung
herabzusteigen, den Bau nicht von unten, sondern von der Spitze zu
beginnen.
Was indess auch die Ursache sein mag, dass ein in technischen
Dingen weit vorgeschrittenes Volk sein Können durch lange Zeit höheren
Kunstgattungen zuwendet, ohne es auf dem Gebiete der Entwickelung
von Schmuck und Tracht entsprechend zu verwerthen, für unsere Zwecke
hat diese Erscheinung jedenfalls den Vortheil, dass uns, wenn auch nicht
in Bezug auf die Technik - da wir es zunächst mit Abbildungen zu
thun haben - so doch rücksichtlich der Form die ersten Anfänge vor-
zuliegen scheinen.
Die Kleidung hat man, nach den ältesten Bildern zu schließen,
noch als Luxus betrachtet; sie ist weder durch das Bedürfniss, noch
durch den Anstand unbedingt geboten, wird unter Umständen, wie bei
schwerer Arbeit oder Beschäftigung im Hause ganz fortgelassen, und ist
namentlich bei Männern mehr Körperzier als Gewand. Sie hatte an-
fänglich wie bei den Negern blos aus einem Lendengürtel bestanden, an
dessen Vorderseite zwei bis drei Bänder herabhingen, und in dieser Form
finden wir sie noch bei den niedersten Ständen; der König schmückt
sich-aber schon auf den ältesten Bildern überdies noch mit einem bis
an die Knie reichenden Schurz. Der Gürtel, welcher diesen Schurz zu-
sammenhält, gab Anlass zum ersten, höchst primitiven Schmuck, den nur
der König trägt, da er symbolische Bedeutung hat; es ist ein Löwen-