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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VI (1891 / 9)

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erklärt sein. - Wie es innerhalb einer Sprache Dialekte gibt, so existiren 
auch in diesem ganzen Vorrath an Ornamentik gewisse beliebte Typen, 
die zumeist ausgeführt werden. Die Szekler Teppiche sind in der Mehr- 
zahl ohne vegetabilisches Ornament, die serbischen hie und da weiss, die 
kroatischen Webereien ernster in der Farbe. Um Preloäöica stickt man 
anders als in Syrmien, aber trotz aller dieser Varianten ist die Einheit 
in den Grundsätzen und den Typen der Ornamentik klar. 
Um diese meine Ansicht über den Ursprung der Hausindustrie noch 
besser zu begründen, will ich weiter erwähnen, dass auch heute die 
Hausindustrie in unserem Vaterlande am meisten in Gegenden gedeiht, 
wo sich einstens die Centren der römischen Cultur befanden, in der Nähe 
des einstigen Syrmiums und Siscias. Wie noch heutzutage in Syrmien 
auf irgend einer Wiese sich eine Quelle aufthut, und man zuletzt bemerkt, 
dass sie aus dem Rohre einer ehemaligen römischen Wasserleitung her- 
vordringt, so lebt in unseren Dörfern, in dem idyllischen Dasein auf dem 
Lande noch die alte classische Tradition im Ornamente und der Technik 
unserer bäuerlichen Hausindustrie fort. Dies gilt auch für Ungarn, da 
gerade in Siebenbürgen, wo die alten Römer ihre Goldbergwerke hatten 
und ihre Cultur hintrugen, die Hausindustrie am meisten blüht. Rumänien 
endlich ist gewiss das Land lebendigster Traditionen aus der Römerzeit, 
und die Rumäninnen bewahren die mit der unseren identische Ornamentik 
mit größerer Treue als unsere Bäuerinnen, die seit fünfzig Jahren diese 
ihre uralte Erbschaft verfallen lassen. 
Auf den ersten Anblick sollte man meinen, dass diese ganze Haus- 
industrie durch Vermittlung der Türken aus dem Orient hiehergebracht 
worden sei, sowie nach Siebenbürgen und das nördliche Ungarn. Allein 
dem widerspricht die gleichartige Hausindustrie in-Russland und in Nor- 
wegen und Schweden, wohin sie vielleicht durch Vermittlung Russlands 
gelangt ist. Nachdem die Hausindustrie auch in Ländern, wohin tür- 
kischer Einfluss niemals gedrungen, gleich mit der unserigen ist, so 
müssen wir dies als Beweis annehmen, dass die gesammte Hausindustrie 
aus einer älteren gemeinschaftlichen Quelle stammt. Es ist sogar möglich, 
dass die Türken, welche unter allen orientalischen Stämmen am wenig- 
sten civilisirt und der Cultur zugänglich sind, selbst erst die Hausin- 
dustrie und Ornamentik in ihrer jetzigen Gestalt von den Byzantinern 
annahmen, sowie sie sich alle Bauformen derselben aneigneten. Das 
steht fest, dass in die Türkei Frauen zwar aus allen Ländern kommen, 
am wenigsten jedoch aus Persien, dem alten Mittelpunkt der orientali- 
schen Textilindustrie. 
Die Verwandtschaft der Ornamentik bei den Südslaven. sowohl als 
den genannten Völkern, mit der persischen, kann also nicht auf die tür- 
kische Vermittlung zurückgeführt werden; sie erschüttert aber auch nicht 
im mindesten unsere Ansicht über den Ursprung dieser Gewebe, sondern 
erklärt sich sehr einfach aus den engen Verbindungen und aus dem noch
	        
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