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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe V (1890 / 3)

Lücke in der Ausstellung keineswegs als eine wesentliche bezeichnet 
werden darf. 
War man in Deutschland über die kleinen Rücklaken nicht hinaus- 
gekommen, so wurden dagegen in Frankreich frühzeitig textile Wand- 
gemälde von colossalen Dimensionen erzeugt. Von den spätmittelalter- 
lichen Teppichen westeuropäischer Herkunft ist leider nur in seltenen 
Fällen sicher zu entscheiden, ob dieselben flandrischer oder nordfran: 
zösischer Herkunft sind. Vielleicht haben wir in den zwei großen Tep- 
pichen mit der Darstellung des Triumphgugs des Amor und des Todes 
(kaiserl. Hofsamml.) nach Petrarca's Trionfi Denkmäler der französischen 
Teppichwirkerei vom Ende des 15. Jahrhs. erhalten, doch berechtigen 
uns zu dieser Annahme hauptsächlich nur die französischen Inschriften, 
die sich auch an Handrischen Arbeiten nicht selten finden. In den kriege- 
rischen Tagen Ludwig's XII. und Karl's VIII. mag diese französische 
Industrie gegenüber der flandrischen in Nachtheil gerathen und schließlich 
vollständig zurückgetreten sein, so dass diese letztere von nun an durch 
anderthalb: Jahrhunderte fast ohne ernstliche Concurrenz das Feld be- 
haupten konnte, bis durch das Eingreifen Ludwig's XIV. für die fran- 
zösische Gobelinwirkerei eine neue glänzende Periode des Schaifens herbei- 
geführt wurde, die dann selbst die alte Brüsseler Industrie überdauerte, 
und zu einer Zeit, da sich die wirthschaftlichen Umwälzungen unserer 
Tage vorbereiteten, Dank der ununterbrochenen thatkräftigen Unter- 
stützung von Seiten der französischen Regierungen ihre Existenz und 
Alleinherrschaft festzuhalten gewusst hat. - 
Von der niede rländischen Teppichwirkerei bietet die Ausstellung 
ein vollkommenes historisches Bild, das ihre sämmtlichen Phasen von den 
kleinblumigen, gemeiniglich dem 15. Jahrh. zugeschriebenen Verdüren bis 
zu den letzten Schöpfungen der van der Borcht's umfasst. Selbst kleinere 
flandrische Werkstätten haben Vertretung gefunden, so z. B. Brügge in 
einer signirten großblätterigen Verdüre (Oesterr. Museum). Am glän- 
zendsten und vollkommensten erscheint aber die fiandrische Teppich- 
wirkerei, wenigstens vom Anfange des 16. Jahrhs. ab, durch die großen 
Brüsseler Werkstätten repräsentirt, und diese sind es finsbesondere, 
deren Erzeugnisse uns auf der Ausstellung in einer chronologisch lücken- 
losen Reihe vorgeführt werden. 
Schon aus der Zeit, bevor das allbekannte Brüsseler Zeichen obliga- 
torisch eingeführt wurde (1528), besitzen wir da eine Suite von Brüsseler 
Arbeiten, die als solche iuschriftlich beglaubigt sind. Es sind dies die 
sieben Teppiche mit Scenen aus dem Leben Christi, die im Dome der 
alten Bischofstadt Trient bewahrt werden, und nachweislich schon im 
Jahre 1538 sich daselbst befunden haben. Sie zählen sowohl hinsichtlich 
des Materials (neben Wolle viel Seide und Gold) als nach Zeichnung 
und Ausführung zu den kostbarsten Perlen der Ausstellung. Auf dem 
Bilde der Auferstehung findet sich im Saume der Tunica eines Grab-
	        
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