von unzweifelhaft orientalischer Herkunft entdeckt hat? Und besaßen
die Orientalen nicht nachweislich kostbare Seidentapeten und jene Seiden-
pllischteppiche, deren einen Karabacek ausführlich beschrieben hat, um
damit die Wände ihrer Prunkgemächer zu verkleiden?
Wir sind also nicht blos nicht im Stande den Gebrauch figural
verzierter Wirkteppiche im Orient des 12. Jahrh. zu erweisen, sondern
es sprechen sogar gewichtige Gründe gegen die Annahme eines solchen
Gebrauches. Wodurch sind wir denn überhaupt gezwungen, den Ursprung
der abendländischen Teppichwirkerei des späteren Mittelalters just un-
mittelbar im Orient zu suchen? Diejenige schriftliche Nachricht, die
nach dieser Richtung das Urtheil bisher am meisten beeinflusst hat -
die Erwähnung von tapissiers Suraginois im Pariser Livre des metiers
aus dem 13. Jahrh. - hat ihre Bedeutung für die norientalische Fragen
im Wesentlichen eingebüßt, seitdem Quicherat dargethan hat, dass die
Franzosen des 13. und 14. Jahrh. unter Saraginois nicht so sehr das
Arabisch-Saracenische, sondern vielmehr Alles von älterem, wirklich oder
vermeintlich heidnischem Ursprung, insbesondere aber das Römisch-
Antike verstanden haben. Von der textilen Technik der Wirkerei steht
es anderseits fest, dass die Kenntniss derselben schon in älterer Zeit
durchaus nicht auf das Morgenland beschränkt geblieben ist. Wir haben
sie sowohl im spätantiken Aegypten als in taurisch-griechischen Colonien
der hellenistischen Zeit an der Hand von wohlerhaltenen Denkmälern fest-
stellen können, welche beiden Gebiete nicht einmal im Oriente im
engeren Sinne gelegen sind, während vollends die Verzierungen, die an
den bezüglichen Denkmälern zu Tage treten, keineswegs einen specifisch
orientalischen Charakter zur Schau tragen. Wenn wir nun dieselben
Costüme mit denselben Verzierungen, wie wir sie aus ägyptischen Gräbern
der späten Kaiserzeit und des beginnenden Mittelalters hervorgezogen
haben, auch anderwärts überall im spätrömischen und byzantinischen
Reiche und insbesondere in der für das Abendland maßgebenden Cen-
trale Rom antreffen - in Mosaik, in Malereien und selbst in unzwei-
deutigen schriftlichen Nachrichten - müssen wir da nicht schließen,
dass in allen diesen Fällen die gleichen (vielfach figuralen) Verzierungen
auch in der gleichen Technik, also nicht in Stickerei, die allein hiefür
sonst noch in Betracht käme, sondern in Wirkerei ausgeführt waren?
Und soll man eine Kunstübung, die man sonach z. B. auf dem Boden
des alten Gallien noch im 5. Jahrh. n. Chr. ganz allgemein geübt haben
muss, im ll. und 12. Jahrh. daselbst aus unsichtbaren Gründen bereits
so vollständig vergessen haben, dass man sie im Oriente völlig neu er-
lernen musste? Liegt da nicht viel näher die Annahme, es habe auf
gallofränkischem Boden die Technik der Wirkerei fortdauernd Pflege
gefunden, so dass sie noch im späteren Mittelalter im Stande war mit
der Entfaltung einer neuen Kunstblütbe in der Malerei gleichen Schritt
zu halten und die Werke dieser letzteren in das textile Material zu