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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe V (1890 / 4)

Büilmh des lllsßums. Die Sammlungen des Museums wurden im Monate 
März von 8257, die Bibliothek von 2:19 und die Vorlesungen von 484 Per- 
sonen besucht. 
Neu ausgestellt. Saal I: Silberner Kelch, Augsburg um tyoc; silberne Taschen- 
uhr, Paris, tbnlahrh. ,t. Hälfte. - Saal ll: Porzellanfigürchen, Capoditnonte, I8. Jahrh., 
z. Halfte; Majolikateller, Deruta, 16. Jahrh.; norditalienische Faiencen, 17. Jahrb., Ende; 
Thonmosaikkürper, Alt-Merw. - Saal III: Bemalte Thonliiesen, I8. Jahrh., a. Hälfte, 
Marburg in Hessen. - Saal VI: Collection ruthenischer Bauerncostüme, Stickereien und 
Schmucltgegenstande aus Galizien; 7 Stück Zinngefaße, Pocale und Kannen, t7. und 18. 
Jahrlt, aus Braunau; gemalte Gobeltnirnitation von Frl. Fanny Dannelter in Triest. 
Vorlesungen. Am 5. December 1889 sprach Hofrath Professur Dr. Hermann 
Zschokke über vDie Felsengräber der alten orientalischen Völker und den christ- 
lichen Altart. 
In der Einleitung wird als Zweck des Vortrages bezeichnet, zu zeigen, wie die 
Kunst in der ältesten Zeit auch dem Todtencultc gedient, sich auf diesem Gebiete immer 
mehr entfaltet hat und wie selbst die zwei scheinbar größten Contraste: Felsengrab 
und christlicher Altar, zu einander in einer engeren Beziehung stehen. Der Vortragende 
bringt die pietätsvolle Ehrfurcht gegen die Todten, die man bei allen Völkern des Alter- 
thums findet, in Zusammenhang mit dem Glauben an die Unsterblichkeit der Seele und 
die Auferstehung der Todten. Die Grabdenkmller der Assyrier, Phönizier, Perser, He- 
bräer und Aegyptier bestätigen, dass es diesen Volkern nicht um Zerstörung, sondern 
um Erhaltung der menschlichen Leichname zu thun war. ln den ältesten Zeiten trocknete 
man die Leichname an der Luft und Sonne, legte sie auf unzuglngliche Felsen oder 
nahte sie in Haute ein, um sie auf Baumen aufzuhängen, eine Sitte, die heutzutage noch 
bei vielen wilden Völkern, z. B. auf Sumatra, den Marquesasinseln, bei den Sioux- 
Indianern u. s. w. vorkommt, oder setzte die Leichname in Hohlen und Grotten bei. 
Zu den ältesten Gräbern der Vorzeit geboren die von lrby und Manges im Jahre t3t3 
jenseits des Jordans aufgefundenen Steingräber, sowie die vom Senator Saulcy im alten 
Jesimoth der Bibel entdeckten Dolmen, die mit den Steinkiaten und Todtenkammern der 
Steinperiode gleichen Alters sind. wo die Todten aufrecht saßen. Diese kauernde Stellung, 
wonach der Mensch in den Schoß der Erde, wie das Kind im Mutterschnße, zurückgekehrt 
erscheint, darf man wohl als die älteste Bestattungsart betrachten, die auch bei vielen 
wilden Völkern heute noch in Uebung ist. 
Im alten babylonischen Reiche war die Priesterstadt Erech (das heutige 
Warka) durch 2500 Jahre der heil. Begräbnissplatz für das ganze Land. Nach der Be- 
schreibung des Engländers Loftus (1857) enthält die etwa 3 Quadratmeilen umfassende 
Trümmerstätte meist aus Thon gefertigte Sarkophage in den mannigfachsten Formen. 
z. B. Töpfe, Thonschüssel, riesige PantolTel, die mit Ornamenten geziert und gewöhnlich 
mit einer blauen Glasur überzogen sind. Eine eigenthümliche Art der Todtenbestattung 
entdeckte Taylor in den Ruinen von Mugelr. Die Könige hatten ihre eigenen Grabstatten. 
Ueber die Vorstellungen der Babylonier von dem Leben und Treiben in der Unterwelt 
gibt das letzte Gedicht des großen Nationalepos von der Hollenfahrt der Istar näheren 
Aufschluss. 
Bei den alten Persern, deren Todtenbestattung mit der Lehre Zoroasters im 
engsten Zusammenhang: steht, wurden die Leichen auf baum- und wasserlosen Hohen 
der Sonne und den Winden zum Vertrocknen ausgesetzt, sodann nach Herodofs Berichte 
mit Wachs überzogen und in Honig aufbewahrt. Die Leichen der persischen Könige 
wurden in metallenen oder steinernen Särgen wohl verwahrt in Grabstätten beigesetzt, 
wie das Grab des Cyrus bezeugt. Die interessantesten Gräber befinden sich im heutigen 
Rachmedgebirge und in Naksch i Rustam, denen in der ganzen Architelttonik das reli- 
giöse Siegel aufgeprägt ist, und zwar das heilige Feuer, die Sonnenscheibe, die Symbole 
des guten Gottes Ormuzd, und der Opferritus. 
Besonders interessant durch ihre eigenthümliche Architektonilt sind die Grabdenk- 
mäler der alten Edomiterstadt Petra, welche später die Nabathäer zum berühmten 
Mittelpunkte des Handels machten. Die Gräber der älteren Zeit sind nach dem antiken 
Systeme der ägyptischen Construction erbaut. Je einfacher das Innere war, umsotuehr 
Aufmerksamkeit schenkte man der äußeren Ausschmückung. Die Gräber der zweiten 
Epoche sind von Emigranten erbaut, die der dritten Epoche gehören der römischen 
Kaiserzeit an, z. B. die Grabmaler von Khasne und El Deir, an welchen man ein buntes 
Gemisch architektonischer Stilformen bewundern kann. 
Die Pbönizier, die ältesten Einwohner Canunh, haben, was Baukunst und den 
Todtencult betriGt, viel mit den Assyrern gemein. Frühzeitig findet sich bei ihnen der 
Gebrauch des Sarltophags. Fast alle phonizischen Gräber sind unterirdische Höhlen und 
Grotten, die außen durch ein Denkmal gekennzeichnet sind. Eine der bedeutendsten 
Nekropolen Phöniziens befindet sich in der Ebene von Amrith. Die sorgfältig aus Fels
	        
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