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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe V (1890 / 6)

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die Ausschmückung des hölzernen Deckels der zu kirchlichen Zwecken 
bestimmten altchristlichen Handschriftenbücher. Dieser Umstand aber ist 
von großer Bedeutung für den ältesten Stil des Bucheinbandes, von 
Bedeutung auch für dessen Entwickelungsgeschichte. Denn, da jenes 
römische Vorbild plastisch war, geht in der Buchdecoration die pla- 
stische Ausschmückung der Hachornamentalen voraus. Elfenbeinschnitzerei, 
Gold- und Silberbeschlag, Edelsteinurnrahmungen - das sind die Merk- 
male der ältesten Buchdecken. 
Im n. und 12. Jahrhundert erreicht dieser wuchtig-luxuriöse Stil, 
welcher übrigens in vollem Einklange mit der außerordentlichen Werth- 
schätzung des Buches an sich steht, seinen Höhepunkt, von da an all- 
mälig einer einfacheren Decorationsweise das Feld räumend. Das Stil- 
princip, welches diese erste Entwickelungsform der Buchdecke aufweist, 
ist damit aber keineswegs abgethan; vielmehr ist die Metallarbeit noch 
bis in's 16. und 17. Jahrhundert hinein die treue Begleiterin der Buch- 
binderei; ja bis auf den heutigen Tag schreitet neben der flachen Buch- 
decke im Stile der eigentlichen Ledertechnik noch jener frühe plastische 
Stil mit Erfolg einher. 
Die erste Einschränkung des metallenen Beschlags vollzog sich 
nach einem ganz natürlichen und gesunden Stilgefühle; der Beschlag be- 
schränkte sich nämlich auf die Ecken, und die Mitte der Buchdecke und 
die Clausuren (Schließen) des Buches. Aber gerade dies sind jene Theile, 
welche entweder, wie Ecke und Mitte, durch ihre stilistische Bedeutung, 
eine gewisse Auszeichnung erheischen, oder, wie die Schließen, durch 
ihren Zweck eine solide, dauerhafte Durchbildung erfordern. 
Neben dieser Ausschmückung des Bucheinbandes, welche vorzüglich 
kirchlichen Zwecken diente, kennt das 14. und lilahrhundert drei Arten 
der Decoration des profanen Einhandes: Die Lederritzarbeit, die 
Punzirung und den Blinddruck. 
Es sind dies Techniken, welche unmittelbar aus der Materialspecifität 
des Leders hervorgehen und durch ihre halb dem plastischen, halb dem 
flachen Ornament angepasste Natur den Uebergang zwischen dem frühen 
plastischen Stil zum üachornamentalen Stil der Blüthezeit der Buchbinderei 
vermitteln. 
Die Ritzarbeit wird mittelst eines einfachen Messers, welches die 
Contouren und SchraHen der Zeichnung in die Oberfläche des Leders 
schneidet, hergestellt; sie ist wohl die technisch einfachste Decorations- 
weise des Leders überhaupt. - Den Etfect der Contourritzung zu erhöhen, 
eignet sich ganz vorzüglich das Niederschlagen des Ornamentgrundes 
mit der Punze, einem metallenen Werkzeuge mit abgesturnpfter, ein 
wenig ausgehöhlter Spitze, welche beim Einschlagen auf der Lederober- 
Häche halbkugelförmige Erhöhungen hervorbringt und so das Leder 
genarbl erscheinen lässt.
	        
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