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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe V (1890 / 9)

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entsprechend vertreten war, mag mit dem Umstande zusammenhängen, 
dass daselbst zu Messina fast zur gleichen Zeit eine locale Ausstellung 
weiblicher Handarbeiten stattgefunden hat. 
Im Allgemeinen darf aber das Bild, das man in Florenz von dem 
dermaligen Stande der weiblichen Handarbeit in Italien gewinnen konnte, 
ein ziemlich vollständiges genannt werden. im Nachstehenden soll nur über 
die Nadelarbeiten kurz berichtet werden, während alles Uebrige, was nicht 
einen ausschließlichen Gegenstand des weiblichen Kunstfleißes bildet, und 
worunter namentlich Gemälde in ziemlicher Anzahl zur Ausstellung ge- 
bracht waren, unberücksichtigt bleiben wird. 
Da musste nun namentlich demjenigen Beobachter, dem der Vergleich 
mit den bezüglichen Verhältnissen diesseits der Alpen nahe lag, vor Allem 
als wesentlicher Grundzug der vollständige Mangel der Leinenstickerei 
mit buntem Garn auffallen. Wo Leinen als Untergrund auftrat, da war 
er so verschwenderisch mit Seide bestickt, dass wir uns diese Gegenstände 
gar nicht als zum Hausgebrauche verwendbar denken könnten. Blos die 
bekannte Venetianer Spitzen- und Weißwaarenfirma Jesurum hatte einige 
Stücke Tischwäsche u. dgl. ausgestellt, woran die Stickerei gegenüber dem 
zur praktischen Benützung verwendbaren Leinengrunde verhältnissmäßig 
zurücktrat, und dementsprechend auch einfärbig gehalten war; als Stick- 
material hat aber selbst in diesen Fällen nicht das anspruchslose Garn, 
sondern Seide gedient. Es wäre nun zwar gegen dieses Material nichts 
Grundsätzliches einzuwenden, sobald es in jener einfach decorativen Weise 
verwendet würde, wie einst in der Blüthezeit der italienischen Renaissance 
an den mit rother Seide in Flechtstich gestickten Bordüren. Die modernen 
italienischen Stickerinnen bringen aber hiebei entweder solche ornamentale 
Motive zur Darstellung, die sich blos für luxuriöse Seiden- und Sammt- 
stickereien eignen, oder sie greifen gar auf das f-igurale Gebiet über und 
suchen mit der Genre- und Historienmalerei zu wetteifern. Letzterer Art 
waren z. B. vier Leinen-Betttücher mit Darstellungen aus der Divina 
Commedia, ausgestellt von einer Schule, wie denn überhaupt die Hand- 
arbeits-Schulen in Italien im Gegensatze zur herrschenden Strömung in 
anderen Culturländern Europa's nicht so sehr das Bestreben zeigen, den 
allgemeinen Geschmack in einer bestimmten, auf verständige Benützung 
älterer Arbeiten basirten Richtung zu beeinflussen, sondern einfach nur 
darauf bedacht zu sein scheinen, dem jeweiligen Modegeschmack nach 
Kräften entgegenzukommen. 
Allerdings gab es auf der Ausstellung eine Gruppe von Arbeiten, 
an denen man sich mit der bloßen Garnstickerei begnügt hatte, wo 
nämlich als Stickmaterial bloßes weißes Garn zur Anwendung gelangt 
war. In diesem Falle handelt es sich darum, durch Relief dasjenige zu 
ersetzen, was der Arbeit in Folge Hinwegfalls des farbigen Gegensatzes an 
ElTect verloren geht. Von diesem Relief wurde nun ein recht ausgiebiger
	        
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