sitzt der Graben noch seine alten Brunnen. Auch hier waren rechts und links
von dem hoch aufgebauten mittleren Denkmal der Pestsäule ältere Bassins
disponiert, die später von J. M. Fischer mit Figuren aus Bleiguß geschmückt
wurden (1804); sie stellen den hl. Josef und den hl. Leopold dar; die ruhige
Behandlung ihrer Massen, die zu dem lebendigen, malerisch unruhigen Detail
barocker Plastik in Gegensatz steht, versetzt uns in die Sphäre geänderter
Zeitanschauungen; ebenso ist der einfache Aufbau, der strenge Sockel mit
den Reliefs und den wasserspeienden Löwenköpfen dem klassizistischen
Geist entsprungen, der zu Ende des XVIII. Jahrhunderts zur Herrschaft
gelangte. Und doch verstand Fischer durch seine Betonung charakteristi-
scher Bewegungen und aus der Kleidung geholter, einfacher dekorativer Hilfs-
mittel vornehm bewegte Silhouetten zu erreichen, welche die freistehenden
Figuren von allen Seiten lebendig wirken lassen.
Wenn wir uns das alte, einst gegen den Stephansplatz zu geschlossene
und von weniger hohen Wohnhäusern gebildete Platzbild vergegenwärtigen,
wie es uns alte Darstellungen vermitteln, so gibt es zu denken, daß zwei
innerlich einander so fremde Kunstanschauungen, wie jene der Pestsäule
und jene der Brunnen, in ihren Denkmälern doch so gute Nachbarschaft zu
halten vermögen.
Was das Ende des XIX. Jahrhunderts an Bauwerken daneben stellte,
vermag nicht dasselbe sichere Kunstgefühl aufzuweisen. Wenn am Graben
auch nicht die Barbarei stilistischer Experimente so aufdringlich wirkt wie
anderwärts, von derGeschlossenheit einer zusammengestimmtenPlatzbildung,
in der Alt und Neu verträglich und respektvoll nebeneinander schalten, kann
auch dort kaum mehr gesprochen werden.
Glücklicherweise sind in Wien noch kleinere Platzbildungen erhalten,
die in ihrer Intimität reizvoll wirken und den ruhigen Ernst der Fischerschen
Plastik und die liebenswürdige Einfachheit seiner Kunst im rechten Licht
erscheinen lassen.
Der „Moses-Brunnen" am Franziskanerplatz steht noch .in wenig ver-
änderter Umgebung. Ein älteres Bassin, das aus einem Hof aus der Nähe
stammte, wurde 1798 von Fischer mit seiner Figur geziert, die auf dem
typischen Sockel mit Reliefs und Löwenköpfen steht. Wie gut abgewogen ist
die Masse und wie würdig die einfache Gesamterscheinung im Rahmen des
Platzes.
Ein zweites Beispiel, der Hygieabrunnen im offenen Vorhofe des
Josephinischen Spitalbaues in der Währingerstraße (1783), ist heute noch
ganz in jener ernsten Umgebung, für die er gedacht war. Hier scheint Fischer
zum ersten Mal den einfachen Brunnentypus festgelegt zu haben, den er
dann so glücklich und oft angewendet hat.
In der Alserstraße befindet sich wohl eine der letzten seiner Brunnen-
anlagen, die heute inmitten des regen Verkehrslebens einer stark benützten
Straßenkreuzung so recht einen Gegensatz zu den beiden früher erwähnten
Fällen bildet.