Haller Glashütte. johnnn Chrysostomus Höchstetter (1580): Deckel-
pokal, Tiroler Landesmuseum, Innsbruck.
lnnsbruckcr Ilolglaxshütxe (um 1580): Dcckclpokzll aus Schloß
Ambras, Kunsxhislorisches Museum, Wien.
Formen von Schalen, gebauchten und zylindrischen Deckel-
pokalen auf Schaft und Fuß, den absonderlichen Ausformungen
von Hut und Stiefel. Sie haben eine reiche Dekoration in grün-
roter Lackmalerei und Vergoldung, alles kalt gemalt, und fili-
graner Diamantgravierung. Die Ornamente bilden Ranken, Gir-
landen, Fruchtbiischel, Kriegerköpfe, Wappen etc. Diese Glä-
scr der Innsbrucker Hofglashütte gehören zu den prachtvoll-
sten, den Erzeugnissen Muranos durchaus ebenbürtigen Werken
der Glaskunst des 16. Jahrhunderts. Das Nachlaßinventar Erz-
herzog Ferdinands II. von 1596 zählt die großen Glasschätze
in der Innsbrucker Hofburg, Ambras und anderen tirolischen
Schlössern auf: Kelchgläser mit Deckeln und vergoldetem „Zug-
werk", hochvergoldete Gläser mit hohem Deckel, Biergläser
mit Deckel, vcrgoldetem Dekor und Löwenköpfen, hohc Trink-
gläser mit vielen Absätzen und schönem Schmelzdekor, große
bauchige Gläser mit Deckeln, Posthörner aus weißem Glas, in
Gold und Weiß gestreift u. a. m.
In der Haller Glashiitte wirkte sich der künstlerische Einflufl
der Hofglashütte scheinbar belebend aus. Ihr, die zeitweise bis
zu 30 Meister und Gesellen beschäftigte, sind dic häufiger er-
haltenen Stangengläser und Deckelpokale zuzuweisen, die an
deutschen Gläserformen die Errungenschaften der Innsbrucker
Hütte, nämlich Diamantgravierung und grün-rote Lackmalerei,
aufweisen. Die traubigen gepreßtenStcngcl derKelchgläser sind
venezianisch, der Dekor der Blattornamente und die oft zotigen
Figuren und Inschriften sind deutsch. (Österreichisches Museum
für angewandte Kunst, Wien, Tiroler Landesmuseum Ferdinan-
deum Innsbruck.)
U. Da: Ende der Haller Glarhütte
Nach dem Ende der Innsbrucker Hofglashütte waren auch die
guten Zeiten der Haller Hütte vorbei. Unter der lirzherzogin-
witwe Anna Katharina von Mantua hörten die fröhlichen Hof-
feste auf und wichen den religiösen Stiftungen. Die spottbilligen
böhmischen Gläser und Scheiben machten jeden Haller Export
unmöglich und derTod johannChrysostomus Höchstetters raub-
te der Haller Glashütte auch noch den letzten tätigen Besitzer.
Der Nachfolger Dr. Hieronymus I-Iöchstetter nahm 1603 den
Pfannhausamtsrat Paul Kripp als Kompagnon auf und verpach-
tete 1606-1616 an diesen die ganze Glashütte. Aber Paul Kripp
konnte Selbst unter Einsatz seines Vermögens die Haller Glas-
hütte nicht mehr retten. Nach Hieronymus Höchslctters Tod ging
sie 1635 an Pantaleon Schiestl über, der den Betrieb auflöste und
das Gebäude den liranziskanern schenkte. Aus der letzten Be-
triebszeit der Haller Glashütte um 1610 stammt die blaue Schale
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