MAK

Volltext: Monatszeitschrift XXII (1919 / Heft 6, 7 und 8)

geschieden und in die große Gemeinde der Akademiker wieder eingetreten, wobei ihn der 
Sinn für Logik und konstruktives Denken, das gediegene Wissen als Künstler vor leerem 
Pathos bewahren. So fühlt man in vielen Abänderungsversuchen das stete Ringen nach 
knappem Ausdruck, den Kampf mit der Konvention. Er führte es auf die Bedingungen 
der Steinmetztechnik zurück, „daß die Pläne nach und nach an bloß oberflächlicher 
Modernität einiges eingebüßt haben". Das, was er uns zeigt, ist oft in starkem und wohl 
auch bewußtem Gegensatz zu jener Modernität, die in der Arbeit Otto Wagners den 
entgegengesetzten Entwicklungsgang aufweist. Während Wagner vom Klassizismus 
ausging und immer stärker und zielbewußter die Stilkunst vergangener Zeiten überwand, 
ist Bauer in diesen geschützten Hafen zurückgekehrt. 
Auch aus der Schule Bauers ist manches vorgeführt. Hier ist vielleicht noch mehr 
als in Bauers eigener Arbeit die Abhängigkeit von der Antike zu fühlen. Aber die tüchtige 
Durchbildung und Schulung, die treffliche zeichnerische Darstellung üben trotzdem ihre 
anziehende Wirkung aus. Man sieht das Wissen von der Vergangenheit, die Beziehungen 
zu den großen alten Leistungen wieder in den Vordergrund treten und dadurch eine 
Abhängigkeit neu aufleben, die viele überwunden zu haben stolz sind. Nicht die Achtung 
vor alter und großer Kunst will man heute bekämpfen; nur das Maß von Abhängigkeit 
verringern, den Willen zu neuen und freien Formgedanken und Gestaltensgrundsätzen 
stärken und frei machen. Wenn einzelne wieder den Anschluß suchen, weil ihr Respekt 
vor der Vergangenheit größer ist als das Vertrauen in die Kräfte, welche die Zukunft neu 
zu formen streben, so wird das der freien Bewegung keinen Abbruch tun. Sie bleibt die 
Hoffnung der jugend. 
ÜNSTLERHAUS. Die Frühjahrsschau der Wiener Künstlergenossenschaft bietet 
eine Überraschung, die zugleich ein Bekenntnis in sich schließt. Während sich einst 
die Abspaltung selbständiger Bestrebungen nur unter heftigen Kämpfen und hohnerfüllten 
Angriffen von Seite der zurückgebliebenen, um den Herd auskömmlicher Versorgung 
Gescharten vollzogen hat, öffnen heute dieselben im sicheren Besitz der Gunst zahlungs- 
fähiger Kreise Verbliebenen ihre Räume den Jungen und Jüngsten. Allerdings geschieht 
dies mit allen Vorkehrungen reinlicher Scheidung. Die Angehörigen des "Bundes der geistig 
Tätigen", welche das erste Stockwerk des Künstlerhauses füllen und dort Gelegenheit 
haben, unter den günstigsten Raurn- und Lichtverhältnissen ihre Werke zu zeigen, sind dort 
wie exotische Gäste aus fernen Welten, wie die primitiven Ureinwohner unkultivierter, in 
Entwicklung begriffener Länder, die als merkwürdige Abarten der Menschheit gezeigt 
werden. Ihre Wirte, die Hausherren, füllen das Erdgeschoß in altgewohnter Weise unter 
dem Banner der Konvention, zeigen unbewegt und gewandt die altgewohnte und allbeliebte 
Ausübung ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten. Oben ein heftiges, erregtes Suchen und 
Greifen nach Neuem, Zeitgemäßem und Zukunftsfrohem - oft auch nach Unfaßbarem und 
Unlösbarem _, unten zumeist die Fortdauer alter Gepflogenheiten und die Übung erprobter 
Geschicklichkeit, die jeder radikalen Änderung abhold ist. 
Ausnahmen bestätigen die Regel. Auch in den Räumen der Künstlergenossenschaft 
ist ein gemäßigter Modemismus zu finden. Einzelne kräftige Ansätze zu stärkerer indivi- 
dueller Ausdrucksweise sind auch hier vorhanden; sie haben da bisher stets als Ausnahmen 
gewirkt und erscheinen als solche um so mehr, als jeder fremde Einschlag fehlt. Die 
Ungunst der Zeiten hat alles ferngehalten, was sonst wohl aufgetreten wäre, um die Reihe 
der Genossenschaftsmitglieder bunter, belebter erscheinen zu lassen; diese sind unter 
sich allein. 
Der große Saal mit K. Sterrers Zeichnungen und Bildern enthält das Beste, was 
diesmal geboten wird. Von der vornehmen Feinheit der Ölporträte bis zur großzügigen 
Einfachheit und Würde seiner vorwiegend den Fliegern und der Verherrlichung des Flug- 
wesens gewidmeten Zeichnungen liegt ein Aufstieg vollgehaltener Kraft, auf sich selbst 
ruhender Würde, der eine ganze und starke Persönlichkeit zeigt.
	        
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