Endlich sei noch auf zwei Vitrinen verwiesen, die Besonderes bergen. 1. Zimpel
bringt geschriebene und gezeichnete Bücher von anziehender Art. Nicht nur die künst-
lerische Schriftbehandlung zeigt eine meisterhafte Hand, auch die Art, wie sich miniaturartig
oder rein zeichnerisch die Initialen oder Illustrationen in das Bild der Buchseite einfügen,
zeigt ein feines Können und reifen Geschmack. Das Buch wird wieder ein Kunstwerk von
tadelloser Einheit, wie es die Schriften der Mönche boten.
RIEL BIRNBAUM. Seit seinem ersten Auftreten bei H. Heller sind einige Jahre
verilossen, und zwar solche, die im Erleben des Menschen ein Vielfaches bedeuten.
Der junge Künstler war an der Front, hat die Greuel des Krieges in schwerster Form mit-
erlebt und ist gereifter, vertiefter als Kriegsinvalider in die Heimat zurückgekehrt. Er hat
auch unter schwierigsten Umständen in der Kaveme seinem heftigen Arbeitsdrang folgen
müssen und bietet nun in den Räumen der „Wiener Zeitkunst" eine Übersicht über seine
Arbeit. Sie ist einerseits das Ergebnis der tiefen Eindrücke äußerer Erlebnisse, die sich
jedoch stets in einer vom Zufälligen fast losgelösten Form darstellen; dann bringt er
zyklische Folgen von zusammenhängenden Kompositionen, wie: „Gebete in Sonetten",
„SeelenspiegeW, den „Totentanz", „Gottes Krieg", „Ein Weg zu Gott", sowohl in Ent-
würfen mit farbigen Kreiden als in größeren Ausführungen mit farbigen Tinten und Quell-
stiftkonturen. Die Federzeichnungen seiner ersten Entwürfe sind breiten und stark farbigen
phantasievollen Darstellungen gewichen, die einen mannigfaltigen Einblick in eine reiche
und nach vielgestaltigem Ausdruck ihrer Erlebnisse ringende Seele gewähren. Diese Blätter
erinnern in ihrer Leuchtkraft und fest umrissenen Formgebung an prächtige bunte Glas-
fenster, in denen des Künstlers Welt als eine stark farbige Vision erscheint. In einem an-
ziehenden Vorwort zum Bilderverzeichnis umschreibt er seine Grundanschauungen, läßt
seine tiefe Gläubigkeit erkennen, die ihn zu dem Bekenntnis führt: „Die Welt als Gottes
Werk ist der Inhalt aller Kunst." Ihm ist die Kunst „ein Streben nach einer Wahrheit, aber
einer tieferen als der impressionistischen Wahrheit"; auch der überintellektuelle Expres-
sionismus liegt ihm fern. Er gibt die Welt wieder, wie sie ihm seine Sinnesorgane spiegeln,
aber als eine gesetzmäßige Folge von Erscheinungen, die einen inneren Zusammenhang
besitzen und einem Aufbau angehören, als dessen gestaltende Kraft das göttliche Gesetz
ihm gilt. Die starke Produktivität seiner Phantasie besitzt zugleich eine suggestive Wirkung,
die den Beschauer in ihrem Banne festhält. Die Leichtigkeit und Sicherheit, mit der die
Visionen niedergeschrieben sind, gibt ihnen den Charakter des Selbstverständlichen, Natür-
lichen, so weit sie sich auch von der alltäglichen Welt fernzuhalten vermögen. Man folgt
dem überzeugten und schaffensfreudigen Künstler mit Spannung und Interesse in die
geheimnisvollen und beziehungsreichen Gefilde, die er vor uns erschließt und glaubhaft
macht, weil er selbst an ihr Dasein glaubt.
In einem mündlichen Vortrage, dem die Vorlesung einiger seiner schönen Sonette
folgte, hat Uriel Birnbaum seinem Glaubensbekenntnis einen stärker betonten Ausdruck
gegeben. Er ist dem Heidentum feindlich gesinnt und erkennt nur eine wahre Gläubigkeit
an, in der er das Heil der Menschheit erblickt. Mit derselben Wärme der Überzeugung,
die aus seinen Kompositionen spricht und in seinen Dichtungen glüht, tritt er auch mit
gesprochenen Worten für sein größtes Ziel, für die Verherrlichung Gottes und seiner Welt,
ein. Auch die schwersten Opfer des Krieges haben ihn darin nur bestärkt und so ist zu
erwarten, daß er auf den begonnenen Wegen fortschreiten und immer stärkere Ausdrucks-
mittel finden wird, um in seiner Weise Gott zu dienen. Seine Kunst ist ihm Gottesdienst.
Das Walten einer höheren Macht, eines unendlichen Zomes und einer unendlichen Güte
spricht aus allem, was er schafft.
ELY STEINER BEI HALM UND GOLDMANN. Eine größere Zahl von
Radierungen und einige Porträtstudien und Aktzeichnungen geben ein anziehendes
Gesamtbild der künstlerischen Persönlichkeit Lilly Steiners.