Aber wie die römischen Caesaren im Westen, scheinen die säsanidischen
Perserkönige im Osten den Gendsch-i dibäi chosrewi d. i. den Schatz
der königlichen Seid enbrokate auf Kosten der Privatindustrie in
Evidenz gehalten zu haben; wenigstens glaube ich die vielen rnonopolisirten
ärarischen Solfrnanufacturen der rnuhammedanischen Herrscher in Fars
und die Einrichtung grossartiger Gewandkammern (chaqufin el-kiswä!) eben
nur für ein ererbtes persisches Regale halten zu dürfen 9').
Nicht minder als die Säsäniden den Transithandel mit dem Roh-
material für ihre eigenen Landesmanufacturen gegenüber den Griechen
auszunützen verstanden, boten auch die Araber Alles auf, ihren christlichen
Rivalen in dieser Beziehung den Rang abzulaufen. Wir sehen also an-
fänglich die erwähnten südpersischen Hauptfabriksorte nicht nur von
der See her, sondern auch über Land aus Choräsän und Indien auf den
bereits angedeuteten Wegen mit dem Rohmaterial an chinesischer Seide ver-
sorgt. Dazu kam bald der Eigenbau. In Kirmän selbst, an der Nordgrenze
dieser Provinz, war das durch ein Castell wohlgeschützte Chabis schon im
10. Jahrhundert reich an Seidenernten 9'), und von den südlichen Ländern
des kaspischen Meeres, wo auch heute noch die Seidencultur" blüht i"),
bezogen Fars und Chuzistan ihr Rohmaterial in Hülle und Fülle 9'). Die
arabischen Geographen jener frühen Zeit zählen daher Dschurdschän, Ta-
beristän, Gilän, Arrän etc. zu den hauptsächlichsten Heimatländern der mus-
limischen Seidencultur. Auch die chalif-ischen Steuerregister geben darüber
vollgewichtige Zeugnisse ab.
Erstere Provinz, deren Massenproducte an Rohseide weithin nach
allen Himmelsgegenden verführt wurden, lieferte ausserdem noch alljährlich
an die benachbarten taberistänischen Seidenzüchter die Eier der Seiden-
raupe (bagr düdah), ohne dass dadurch die Güte ihrer Producte beein-
trächtigt wurde; ja vielmehr versichert Ibn Haukal, es gäbe keine Gegend
des Erdballs, welche productiver an Rohseide sei, als Taberistän 95). Wie
in diesem Lande die Stadt Amul, beherrschte in Dschordschän neben
der gleichnamigen Hauptstadt weiter noch Asterabäd, von wo der Handel
gleichzeitig übers Meer zu den Chazaren gieng, den Markt für Rohseide 9G).
In Arrän ragte diesbezüglich die prächtige Metropole Berdhaia hervor.
Ihre Umgegend hatte Ueberfluss an herrenlosen Maulbeerbäumen. Ausser-
halb des wKurden-Thoresu befand sich ein weitläufiger Platz, der soge-
nannte vKranichmarkt-i, wo jeden Sonntag aus den umliegenden Oertern
9') Mefudi l. c„ I, 134. - Ibn Hadschala, Sukkardän es-Sultän, Ausg. von
Buläk, p. 1x6. Ueber den reichen Inhalt der falimidischen Gewandkammern in Kairo
vgl. Makrizi, Chilat, i, p. 409 ff.
") Mukaddnsi, I. c. p. 463.
9') Ztschr. d. D. M. G., XXI, p. 232 IT.
i") lbn Hnukal, l. c. p. 24,1.
95) Istachri, l. c. p. 2x2 f. - lbn Haukal, p. 272 f.
9') Die Bewohner dieser Stadt waren insbesonders geschickte Verarbeiter der Flock-
seide. Mukaddasi, l. c. p. 358.