Viollet-Le-Duc: Histoire d'un dessinateur, comment on apprend a
dessiner. Paris, J. Hetzel Gt C"., 1880. 8.
Den Manen des Verfassers sei unser Dank gebracht für dieses sein posthumes
Werk. Möge es jenen Armen im Geiste, welche im gedankenlosen Nachstricheln unver-
standener Vurlageblatter ihr Heil erblicken, den rechten Weg weisen helfen als eine
andere Biblia pauperum!
Die leichtverstandliche und anregende Form, in welche Viollet-Le-Duc die ideale
Geschichte eines jungen Mannes gekleidet, welcher das Zeichnen unter der Leitung eines
verständigen und wohlgebildeten Meisters als etwas Besseres als eine blos mechanische
Augen- und Fingerfertigkeit erlernt, dürfte das damit Gebotene wohl auch jenen Köpfen
fasslich machen, welche sonst die Körner des Wissens als pure graue Theorie und des
wKünstlersc unwürdig durch das weitlücherige Gedankensieb fallen lassen.
Gelangt auch nur die Minderzahl der Leser zum Begreifen der Thatsache, dass
sich die Zeichenfertigkeit zum Zeichnen genau so verhält wie das Sprechen als
bloße Fertigkeit genommen zur Sprache, so ist der Zweck des in Rede stehenden
Buches reichlich erfüllt.
Mag sein, dass eben der Zweck dieses Buches auch von Manchen missverstanden
werden wird. Viele werden das Gebotene als eine Anleitung zum Zeichnen in nuce hin-
nehmen; doch ist ein solcher Irrthum nur bei oberflächlicher Betrachtung des Inhalts
möglich, welcher ja nichts Anderes beabsichtigt, als den Weg zu weisen in das weite
Gebiet, welches der Zeichner zu erobern und zu beherrschen hat; mit einem Worte, in
motivirter WVeise die Frage zu beantworten: Wie und zu welchem Zwecke lernt
man Zeichnen?
Nicht verhehlen wollen wir aber auch, dass der Verfasser den Nutzen unbetunt
lasst, welcher dem Lehrlinge im Zeichenfache daraus erwächst, dass er die Arbeiten
seines Meisters unter dessen Hand vor den Urbildern entstehen sieht und auf diese Weise
das Endziel der Anwendung seiner gesammelten theoretischen Kenntnisse klarer zu er-
fassen und leichter zu erreichen im Stande ist.
Wir müssen es jedoch bei der bloßen Berührung dieses Punktes bewenden lassen,
da jede weitere Ausführung desselben uns zu_ sehr von unserer Aufgabe an dieser Stelle
ablenken wurde.
Wilh. Klein: Euphronios. Eine Studie zur Geschichte der griechischen
Malerei. Wien, K. Gerolcfs Sohn, 1879. 4".
Im Jahre t873 hatte Alexander Conze begonnen. die erhaltenen Bilder der be-
deutenderen Vasenmaler zu sammeln und in geordneter Folge in den archäologischen
Vorlegeblattern zu publiciren. Es schien ihm geboten, mit dem eigenartigsten unter
ihnen, mit Euphronios zu beginnen, Duris und Brygos folgten zunachst, Nachdem Heide-
mann, Michaelis und Andere versucht hatten, die beiden letztgenannten als lndividualitaten
festzustellen. war es dem Verfasser vorliegender Schrift, der das Glück hatte, jene oben
erwähnten Bestrebungen an Conze's Seite von ihrem Beginne an verfolgen zu können,
vorbehalten, Euphronios in seinen Beziehungen zu Gleichzeitigen und Nachfolgern zu
schildern. Er beginnt die Gruppe von Malern zu besprechen, welche sich mit dem Namen
des Epiktetos in Verbindung bringen lassen, findet Euphronios unter ihnen, und bringt
caput 2-9 eine sorgfältige interessante Beschreibung und Erklärung von dessen acht er-
haltenen Vasen, gleichsam einen begleitenden Text zu jener Conzdschen Publicadon. Der
Vasenrnaler in seiner Entwickelung wird für uns lebendig, die sieben ersten Vasen werden
uns in jedes Detail der künstlerischen Absicht hinein verständlich, freilich um das Rathsel,
welches die letzte aufgibt, noch verschlungener zu gestalten. Eine Uebersicht der Gefasse
des epiktetischen Kreises bringt ein sehr übersichtlich angelegter Anhang. Dass Euphronios
und jener Kreis nicht archaisirten. hat der Verfasser bewiesen, wenn er sich jedoch gleich
in der Einleitung gedrungen fühlt, sich gegen die Annahme, dass griechische Vasenmaler
absichtlich archaisirten, ausdrücklich und feierlich zu verwahren, so wird er wohl Manehem
erlauben müssen, dass ihm diese Annahme erst recht zum Probleme wird.
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Das -Repertorium fur Kunstwissenschaftu, redigirt von den Professoren Janit-
schek und Woltmann, nimmt raschen und erfreulichen Fortgang. Vom Ill. Bande ist
soeben das erste und zweite Heft erschienen, mit interessanten Beitragen von H. Hymans
(über Rubens), Janitschek (über Palermitaner Malerei), Janitsch, Bucher, Reber, und ein-
gehender Bibliographie.