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sie ein künstlerisches Ziel verfolgt. Dieses Ziel ist der Schmuck der Woh-
nung durch farbig decorirte Fenster. Die Richtigkeit dieses Zieles ist viel-
fach in Abrede gestellt worden, und Diejenigen, welche es thun, haben
die letzten Jahrhunderte für sich, welche die Sitte des Mittelalters und
des 16. Jahrhunderts völlig aufgegeben hatten. Je grösser die Scheibe, je
klarer das Glas - das war das Ideal, das einzig zu erstrebende Ziel.
Freilich, wenn man den Reiz der Wohnung darin sieht, dass man sich
die Welt durch das Fenster betrachten kann, dann liegt das Recht wohl
auf dieser Seite. Allein Andere suchen den Reiz der Wohnung in ihr
selber und nicht in dem, was ausserhalb ist, und in diesem Sinne nun
soll das farbig decorirte Fenster das Seinige beitragen, den Reiz, die
Wohnlichkeit, die Schönheit, die Poesie der Wohnung zu erhöhen, und 'das
muss geschehen, ohne dass der Helligkeit im Zimmer mehr Eintrag ge-
geschieht, als die Bestimmung des Gernaches es zulässt. Eine Anstalt, die
solche Ziele verfolgt, steht also vor einem Probleme, das durch praktische
Versuche gelöst werden muss. Solche Versuche zeigt nun die Weihnachts-
Ausstellung aus der lnnsbrucker Anstalt in grosser Zahl und in grosser
Mannigfaltigkeit. Sechs der mächtigen Doppelfenster des Museums sind
damit gefüllt. Alle gehen gemeinsam auf farbig poetischen Reiz aus, die
einen in zarter Weise, die andern höchst eiectvoll; die einen fein aus-
gemalt in Art der feinsten Schweizer Arbeiten des 16. Jahrhunderts, die
anderen mit kräftiger Bleifassung technisch nach der musiviscben Weise
des früheren Mittelalters. Technisch sagen wir, denn die Idee, die Fenster
auf bläulich durchscheinendem Grunde mit bunten Vögeln und Schmetter-
lingen, mit glänzenden Blumen und goldenen Früchten, mit Ranken und
Laubzweigen in dieser musiviscben Art herzustellen, und zwar höchst
einfach, fast ohne alle Malerei, mit Hilfe von gefärbten Butzenscheiben,
das ist eine völlig neue, völlig moderne Idee. Andere fein ausgeführte
Bilder schliessen sich auch gegenständlich mehr an alte Art an, so die
Bilder mit den Landsknechten und die Bilder nach Virgil Solis. Ihre Be-
stimmung ist, als Mittelstücke in die geometrisch eingetheilte und mit
durchscheinendem, lichtem Glase ausgefüllte Fläche des Fensters eingesetzt
zu werden. Einige grosse Fenster, denjenigen des Museums angepasst,
zeigen die Anwendung in vollkommen gelungener Weise. Diese Art dürfte
für Speisezimmer, die im Wesentlichen ihr Licht behalten sollen, voll-
kommen geeignet sein. Andere wieder mit Portraitliguren aus dem Fest-
zuge, von Butzenscheiben umrahmt, machen nicht minder glückliche Wir-
kung; andere mit zierlicher, aufsteigender Pilasterornamentation - wir
meinen diejenigen im Gianfschen Salon - erscheinen für Salonräume
bestimmt und geeignet. Kurzum, es liegt eine Fülle von Versuchen in
diesen Glasgemälden, eine Fülle von Gedanken, die uns zu vielen und
ausführlichen Betrachtungen Anlass geben könnten, wenn es hier in diesen
kurzen übersichtlichen Bemerkungen über die Weihnachts-Ausstellung des
Ortes wäre.