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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XV (1880 / 181)

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Aber wir sehen auf unserer Ausstellung nicht bloß diese Papier- 
muster, wir sehen auch ihre Folgen und ihre Anwendung. Der Vorgang 
hat Nachahmung gefunden, wie z. B. Fritzsche in Leipzig zeigt, der uns 
neben seinen Büchern auch eine ganze Collection seiner zierlichen Brocat- 
papiere gesendet hat. Andererseits aber sind es zahlreiche unter den Leip- 
ziger Einbänden in allen uns gesendeten Collectionen, welche von diesem 
neuen Brocatpapiere zu ihrem größten Vortheile Gebrauch gemacht haben; 
selbst französische Buchbinder, wie Beispiele zeigen, haben die deutsche 
Neuerung nicht verschmäht. 
Und Oesterreich? Ein paar hübsche Bände mit Pergamentrücken, 
welche Rollinger für Camesina gemacht hat, Bände, deren Decken sich 
mit diesem Papiere überziehen, geben nur zu erkennen, dass es unserem 
Gewerbe nicht mehr unbekannt war. Sonst aber zeigt unsere Papierfabri- 
cation wie unsere Buchbinderei hier eine Lücke, die mit einiger Intelligenz 
so leicht auszufüllen wäre. Die Schätze liegen da, sie brauchen nur ge- 
hoben zu werden. Denn der größte Theil jener Muster des neuen Bröcat- 
papieres stammt von nirgendwo anders her denn aus dem Oesterr. Museum. 
wo sie in der Ornament- und Gewebesammlung in brauchbarster Fülle 
vorhanden sind. Die fremde Intelligenz musste kommen, sie sich zu holen 
und von der deutschen Provinzstadt aus nicht bloß durch Deutschland, 
sondern durch die ganze Welt zu verbreiten. Und wie die Muster, so 
sind auch bereits bei uns die künstlerischen Kräfte vorhanden, um Neues 
und Originales - und das ist ja doch das wahre und letzte Ziel - zu 
schaffen, das den Schöpfungen der früheren Zeiten würdig zur Seite steht. 
Die Leipziger, scheint es, wissen das besser als wir selber. 
Hoffen wir, dass unsere Ausstellung von Bucheinbänden dazu bei- 
tragen werde, diese Lücke in unserem kunstindustriellen Schalten auszu- 
füllen oder zu ergänzen. Das ist wenigstens ihre Absicht. Die Mittel, die 
Quellen sind reichlich vorhanden, für die Buchbinderei wie selbst für die 
Papierfabrication. Für diese letztere sei z. B. an die ausgestellten Brocat- 
papiere des 17. und 18. Jahrhunderts erinnert, welche, dem Geschrnacke 
der Zeit entgegenkommend, in richtiger Benützung wie völlig neu erscheinen 
würden; der Buchhinderei aber und nicht minder dem bücherliebenden 
Publicum sei noch einmal und dringend das Studium aller jener zahl- 
reichen und maunigfach geschmückten Bucheinbände der vier letzten Jahr- 
hunderte empfohlen. 
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