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(Die Weihnaohts-Ausstellung im Museum.) Die diesjährige
Weihnachts-Ausstellung findet unter den gleichen Bedingungen wie früher
vom 28. November d. J. bis zum 6. Jänner 188i statt. Zulässig sind nur
Arbeiten österreichischer Kunstindustrie, doch ist jeder Verfertiger der-
selben, sei es in Wien, sei es in den Kronländern, eingeladen. Ueber die
Aufnahme entscheidet eine Jury, für welche die künstlerische Güte des
Gegenstandes den Maßstab bildet. Unverzierte Gegenstände des bloßen
Gebrauchs werden nicht angenommen. Platzmiethe wird nicht gezahlt.
Das Museum stellt Tische und Glaskasten zur Verfügung, soweit der Vor-
rath reicht. Die ausgetellten Gegenstände dürfen verkauft und nach Wunsch
sofort entfernt werden. Der Termin der Anmeldung endet mit dem 31. Oc-
tober. Anmeldungen übernimmt der Vice-Director Reg-Rath v. Falke
schriftlich oder mündlich. Gedruckte Programme sind unentgeltlich im
Museum zu haben.
(Die Verbindung der Volksschule mit dem gewerblichen Faohunterriohte
und die Gablonzer Faohsohule.) Der Ausstellung von Arbeiten der allgemeinen Zei-
chenschulcn im l.Stock des OesternlMuseums wurden in letzterer Zeit die Arbeiten des
Zeichenlehrer-Bildungscurses für Volksschullehrer des Gabldnzer lndustriebezirkes einver-
leibt. Dieser Curs verdankt seine Entstehung der Erkenntniss, dass in einer Gegend, wo
eine Hausindustrie von der Bedeutung der Gablonzer Quincaillerie-Industrie existirt, schon
in der Volksschule die männliche Jugend im Zeichnen systematisch geübt werden müsse,
um bei dem Ucbcrtritt in die Fachschule eine genügende Vorbildung im Zeichnen nach-
weisen zu konncit. Es wurde demnach der Professor der Staatsgewerbeschule in Reichen-
berg, Herr A. Brausewetter, vom Unterrichtsministerium beauftragt, die Volksschul-
lehrer des Gablonzer Bezirkes im Zeichnen zu unterrichten, und die Ausstellung zeigt in
instructiver Weise, wie diese Aufgabe in der Zeit von nur sechs Wochen gelost wurde. -
Die Frage, was die Volksschule beitragen konnte, die gewerbliche Arbeit durch die Schule
zu fördern, besühaftigt einen nicht mehr kleinen Kreis von Schulfreunden und Freunden
des gewerblichen Fortschrittes. Die Erziehung des Volkes zur Arbeit ist und muss das
Losungswort der Zukunft werden. Die heutige Industrie braucht viele Arbeitskräfte, die
geschult sind, und Lust und Liebe zur Arbeit schon von der Schule mitbringen. Es
genügt nicht, blos kunsttechnische Kräfte für hervorragende Stellungen in Schule und
Gewerbe heranzubilden, es müssen auch die Massen geschult werden. Die Industrie
braucht Beides: Künstlerkrafte und geschulte Arbeitskräfte. Es wäre gefehlt, wenn blos
einseitig vorgegangen wurde. Aber wo anders als in der Volksschule und durch die
Volksschule kann die Anregung und Forderung der Arbeit kommen? Es ist daher recht
begreiflich, dass der heurige internationale Unterrichtscongress in Brüssel sich auch mit
dieser Frage beschäftigt hat. Und nachdem die Verhandlungen dieses Congresses vielfach
in Zeitungen besprochen wurden, so wird die Frage der Erziehung des Volkes zur Arbeit
an der Volksschule unseren Lesern nicht mehr so fremdartig erscheinen als noch vor
mehreren Jahren, da diese Frage zum ersten Male angeregt wurde.
Es wird gewiss allseitig mit efriedigung aufgenommen werden, dass das gewerb-
liche Unterrichtsdepartement im Ministerium des Unterrichtes nicht abgewartet hat, bis -
im Ausland: derartige Versuche unternommen werden, sondern selbststandig die Initia-
tive ergriff. Alle Fortschritte im Leben hängen nicht blos davon ab, dass in abstracto
gute Grundsätze ausgesprochen, sondern davon, dass auch praktische Versuche ge-
macht werden. Es verlohnt sich daher wohl, mit einigen Worten darzulegen, wie dieses
interessante organisatorische Problem zu losen versucht wurde. Vor Allem ist zu erwägen,
dass gewerbliche Fachschulen, welche ausgedehnte Hausindustrien wie die Gablonzer
fordern sollen, in der Regel mit zwei größeren Schwierigkeiten zu kämpfen haben: erstens
kann die Fachschule nur an einem Punkte errichtet werden, und sie ist daher schwer
nutzbar zu machen für die Bevölkerung aller der Ortschaften, über welche die Haus-
industrie zerstreut ist, und zweitens bietet meistens auch der Hauptort eines solchen In-
dustriebezirkes, welchen man zum Sitze der Fachschule erwählt, so wenig Anregung und
Annehmlichkeit des Lebens, dass hervorragendem und darum anspruchsvollere Fachmänner
als Leiter einer solchen Schule nicht zu gewinnen sind und man froh sein muss, Kräfte
zur Verfügung zu haben, die ihre künstlerische oder gewerbliche Technik tüchtig be-
herrschen, aber einer ganz selbstständigen Stellung doch minder gewachsen erscheinen.
Die erste dieser Schwierigkeiten suchte nun das Unterrichtsministerium dadurch zu über-
winden, dass es eine eigentliche Decentralisation des Unterrichtes einführte, indem es im
Hauptorte eines lndustriebezirkes wie Gablonz einer ist, die Fachschule errichtete,
ringsherum aber in den Ortschaften Fachzeichencurse unter Obhut der Volksschul-