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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVI (1881 / 193)

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Mittel wären, um einen entsprechenden Lehrapparat für das Gebiet der 
Decorations-Malerei zu schaEen. 
Was man an Surrogaten hat, ist - so dankbar man für die jetzt 
so zahlreichen chromolithographischen und photographischen Publicationen 
sein mag - doch nur unzulänglich und wirkt nicht lebendig direct an- 
regend. Viel directer wirken Studien und Skizzen aus Galierien und Auf- 
nahmen nach der Natur von Gebäuden. 
Es haben nämlich junge Künstler, welche sich den Kunstgewerben 
widmen und die decorativen Künste studieren, eben keine anderen Behelfe, 
sich künstlerisch auszubilden, als jene jungen Leute haben, welche sich 
an Akademien befinden. Denn die Kunst, welche in den Kunstgewerbe- 
schulen gelehrt wird, ist keine andere Kunst, als die an den Akademien 
gelehrt wird. Denn es gibt nur eine Kunst und nicht zweierlei, etwa 
eine höhere und niedere Kunst. Für alle Kunst gibt es nur gemeinsame 
Gesetze, die für Alle, welche Kunst üben, dieselben sind. Ob sich die 
Kunstjünger in Akademien oder Kunstgewerbeschulen befinden, das ist 
nebensächlich. Aber wo immer auch Kunst gelehrt wird, so ist nur dafür 
zu sorgen, dass die echte und gute Kunst gelehrt wird, damit nicht die 
Kunst die Geister verwildert; und diese Verwilderung der Geister ist un- 
ausbleiblich, wenn die decorative Kunst so gelehrt würde, dass sie den 
Jünglingen, die sich an der Schule befinden, die irrige Vorstellung bei- 
brächte, dass zur decorativen Kunst weniger Ernst und weniger Gründ- 
lichkeit im Zeichnen nöthig wäre als auf anderen Gebieten der Malerei. 
Es sind viele junge Leute geneigt, die Flüchtigkeit der Zeichnung als 
Genialität anzusehen. Hinter der genialen Oberflächlichkeit birgt sich aber 
in der Regel nichts Anderes als die fehlende Schulbildung und die geistige 
Unfertigkeit. 
Da nun jeder Gegenstand aus einem Stoffe besteht, der eine seiner 
Natur entsprechende Form verlangt, so muss jede Decoration nicht blos 
mit dem Gegenstande, sondern auch mit seinem StoEe in Einklang stehen. 
Die Gestalt des Gegenstandes und der Stoß" sind daher genau bestim- 
mende Elemente jeder Decoration, daher auch der Decorations - Malerei. 
Zu allen Zeiten hat auch die Decorations- Malerei diese Aufgabe überall 
dort erfüllt, wo sie mit künstlerischem Geiste geübt wurde. Wenn wir 
daher gegenwärtig nur die Frage der Decorations-Malerei nach der Seite 
hin behandeln, ob und in welcher Weise die Decorations - Malerei auf 
Kunstgewerbeschulen und verwandten Anstalten gelehrt werden soll, so 
darf in keinem Augenblicke vergessen werden, dass die Decorations-Malerei 
mit der ganzen Kunst in einem engen Zusammenhange steht. Es ist daher 
beim Unterrichte an Kunstschulen der Gesichtspunkt nicht aus dem Auge 
zu lassen, dass ja die bildende Kunst selbst die Aufgabe hat, das Leben 
zu verschönern, es mit allen Reizen der Technik zu schmücken und zu zieren. 
Die Decorations-Malerei steht inmitten der großen Kunst, und jede 
Decorations-Malerei ist eine echte und wahre Kunst, wenn sie eben der
	        
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