457
Der Bildhauer Ludwig Jlinger in Wien exponirte einige seiner
tredlichen Originalmodellirungen und Zeichnungen zu kunstgewerblichen
Gegenständen.
An nicht besonders günstiger Stelle, im Schießhaus, fern von der
kunstgewerblichen Abtheilung, fanden sich die Buchdrucktypen, Stahl-
stempel etc. von Carl Brendler in Wien. Zum Glück kann solchen
Arbeiten auch ein ungünstiger Aufstellungsplatz nichts anhaben; der Fach-
mann weiss sie dennoch zu finden und zu beurtheilen, das große Publicum
iedoch geht unter allen Umständen ohne Ahnung von der Bedeutung
solcher Dinge theilnamslos daran vorbei.
Gold- und Silberstickereien, insbesondere kirchliche Omate, waren
von Hermann Uffenheirner in Innsbruck und J. Marschner in Wien
vorhanden.
Stefanie Christomanos, Fanny Milborn, Amalie von Saint-
George und Leopoldine Uhl in Wien hatten von ihren Arbeiten aus-
gestellt, welche wie immer ein treues Festhalten an den Principien der
Wiener Fachschule für Kunststickerei zeigten.
Von G. Giani stammte die Einrichtung eines Boudoirs und theil-
weise die Drapirung des Ausstellungsraumes in der Turnhalle, welche zum
anderen Theil mit den von Gius. Bossi in Wien eingesendeten gedruckten
Stoßen und Gobelinimitationen hergestellt war.
Böhmische Spitzen, diese zarten Meisterwerke emsiger Frauenhände,
waren, wie zu erwarten, von einer größeren Anzahl Aussteller gebracht:
F. Bollarth in Wien, Friedrich und Ludwig Gerstner in Blei-
stadt, Ant. Erlbeck, Jos. Schnabl, Joh. Horners Witwe, Ant.
H0 rn er und Jos. Fritsch (welche als Gossengrüner Spitzenerzeuger
eine Ausstellung von points ä Yaiguille veranstalteten), Vinzenz Korb in
Graslitz (points Duchesse und points gaze), sowie J. P. Ulmann in
Neudeck waren es, in deren Schaukästen Proben genähter und geklöppelter
Spitzen zu sehen waren.
Zu welcher Vervollkommnung erzgebirgische Spitzen in den letzten
Jahren schon gediehen sind, weiß jeder Verständnissvolle zu würdigen;
vollständig klar aber konnte dieser Aufschwung erst Demjenigen werden,
welcher sich im nahe gelegenen Rudollinum einem Schranke nahte, der
jene Vorbilder barg, welche in dem, unter der Leitung des k. k. Regie-
rungsrathes Prof. J. Storck stehenden Centralspitzencurs entstanden sind;
Vorbilder von so unübertreßlicher Vollendung, wie solche allein nur ge-
eignet sein konnten, in der für das Erzgebirge so hochbedeutsamen
Spitzenindustrie jenen Grad von Vervollkommnung anzubahnen und durch-
zuführen, welcher die einheimischen Spitzen mit den Besten des Auslandes
concurriren lässt. Sprechende Beispiele dieser Vervollkommnung waren
die vom Centralcomite zur Beförderung der Erwerbsthätig-
keit der böhmischen Erz- und Riesengebirgsbewohner ausge-