Die Fahrication von Hailiqonbildern in Russland. ,
Von Dr. Cnrl Cech,
Correspondent des k. k. Oesterr. Museums in St. Petersburg.
(Schluss)
ln den nun vom Türkenioche befreiten Provinzen und Ländern der
Balkanhalbinsel regt sich jetzt wieder ein so eifriger religiöser Geist, wie
zur Zeit des ersten Christenthums - was Jahrhunderte lang unter dem
Joche der Barbaren an Kirchenschmuck und Gottesdienst versäumt worden
ist, wird nun mit Hast und Begeisterung nachgeholt, Kirchen und Capellen
werden gebaut, Glocken gegossen, lkonostase gezimmert und gemalt,
Kirchengewänder und Fahnen gestickt, Regierungsgebäude, Schulzimmer
und Wohnungen mit den früher verpönt gewesenen Heiligenbildern
geschmückt.
Und diese Zeit regen Schaffens, das sich hart an den Grenzen
Oesterreichs abspielt, sollte unbemerkt und unbeachtet bleiben - ohne
Nutzen für die österreichische Kunst- für die Gewerbe und den Handel?
Ich habe mich persönlich davon überzeugt, dass man in den Provinz-
Städten und auf den Jahrmärkten der südösterreichischen Provinzen und
' jenen der Balkanhalbinsel außer wenigen grauenvoll ausgeführten Pinseleien
auf Glas um kein Geld Heiligenbilder zu kaufen bekommt und dass
die Kirchengemeinden die Anfertigung von lkonostasen, Altären u..s. w.
den allerinferiorsten Stümpern anvertrauen müssen. Da sie keine Ge-
legenheit haben, künstlerisch ausgeführte Heiligenbilder zu sehen, so
begnügen sie sich mit dem elendesten Machwerke und verlieren iedwedes
Verständniss für eine wahrhaft künstlerische Production.
Hier erölinet sich dem k. k. Oesterr. Museum ein reiches Feld der
Thätigkeit. Seine Aufgabe wäre es, die einzelnen typischen Bilder den
religiösen Bedürfnissen der Bevölkerungen von Rumänien, Bulgarien, Serbien,
Rumelien, Griechenland, Montenegro, Albanien, Bosnien, Herzegowina und
der südslavischen Provinzen Oesterreichs anzupassen, die russischen Landes-
heiligen (Alexander, Wladimir, Nikolai) durch serbische, bulgarische,
croatische... (Sawa, Petro, Stephan, Ladislaus.. .) zu ersetzen und die
Bilder mit Aufschriften in den einzelnen Landessprachen zu versehen.
Es ist allgemein bekannt, wie wenig - mit Ausnahme der Glasmalerei -
bis jetzt in" Oesterreich für die Hebung der kirchlichen bildenden Künste
geschehen ist.
Man braucht nur an die wahrhaft religiöse Bevölkerung von Ober-
österreich, Steiermark, Tirol und Mähren zu denken und zu fragen, was
diesem Volke an Heiligenbildern geboten wird.
Im katholischen Kalender figuriren die Namen einiger Hundert Heiligen
- allein kaum über einen derselben gewinnt das Volk eine richtige bildliche
Anschauung. ln den größten Magazinen Wiens, die mit Heiligenbildern
Handel treiben, findet man nicht einmal die Bilder sämmtlicher Apostel -
und das -Bild eines heiligen Markus, eines heiligen Zdenko oder einer