es bleiben. Der entgegengesetzte Weg, der Weg einer Geschäftsfabrik,
würde nur dem Verderben entgegenführen; ihn hat die Wiener Porcellan-
fabrik mit ihrem Untergange büssen müssen.
Ihrem Bestreben getreu, wenn möglich nicht wehe zu thun, beginnt
die Commission ihre Kritik der gegenwärtigen Arbeiten damit, dass sie
schöne Resultate constatirt, sowohl in Bezug auf Kunst, wie in Bezug
auf die Technik. Letzteres namentlich scheint ihr über jeden Zweifel er-
haben, obwohl die Technik, die eigentliche Porcellantechnik, schon 1867
die schwächste Seite der Fabrik war. Die Commission ist selbst über-
rascht von der glänzenden Wirkung des Ganzen. Nichtsdestoweniger findet
sie gar viel zu tadeln. S0 herrscht im Allgemeinen eine Unsicherheit in
der'Vcrzierung. Das Gefühl für Decoration, meint sie, ist schwach; die
Abwesenheit der decorativen Principien und der Mangel einer Vorbereitung
durch den Unterricht machen sich überhaupt bemerkbar. Den Künstlern
fehlt die bestimmte Richtung und daher verfallen sie auf confuse, nichts-
sagende und unzusammenhiingende Compositioncn. In ihrer Unsicherheit
und in dern Wunsche originell zu sein, werfen sie sich auf bizarre Erfin-
dungen. Ein Jeder sucht haltlos und richtungslos seinen eigenen Weg
auf gut Glück. Bei solcher Zerrissenheit und Willkürlichkeit sei es dann
unmöglich für die Fabrik, "den grossen nationalen Styl, der ihre Arbeiten
in den schönen Epochen bezeichnet hatu, aufrecht zu erhalten.
Der Bericht verwirft weiter (genau wie es schon vom Verfasser im
Jahre 1867 geschehen ist) die steifen Formen mit dem Genre Medaillen,
die willkürlichen, regellosen, schweren Gestalten der jüngsten Zeit und
vor Allem die falsche Bahn, welche die Fabrik damit eingeschlagen hat,
dass sie das Gemälde als solches als das höchste Ziel ihrer Kunst hin-
stellte. Man findet sodann die Farbe des Grundes schwer und kalt in
Ton, ohne Transparenz und Tiefe und fast immer von unangenehmer
Farbe. Man tadelt weiter - und das ist ein allgemeiner, von_uns oft
hervorgehobener Fehler des modernen Porcellans - die absolut weisse
Masse der Gefässe, dessen Herstellung einst das Ziel der Porcellanchemiker
gewesen. Diese Weisse zerstört aber alle feine Harmonie und macht die
Wirkung roh. Im Bestreben, alles natürlich und vollendet, mit ausgeführter
Modellirung zu malen - so heisst es weiter - hat man die Schönheit
der Farben verloren. Diese naturalistische Ausführung verdirbt die Rein-
heit der Farben und verhindert die Freiheit der Zusammenstellung, deren
sich die Chinesen und Japaner bei ihrer Art unbedingt erfreuen. Endlich
verwirft die Cornmission - und das mit vollefn Recht - die für Sevres
so wichtige und zugleich so verhängnissvolle Montirung mit vergoldeter
Bronze, welche nicht nur dem Porcellan seine eigenthümlichen Schön-
heiten und Feinheiten durch ihre breite Ueberstrahlung tödtet, sondern
auch durch Verdeckung der technischen Fehler und Schwächen zum trüge-
rischen Nothbehelfe dient.