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Das National-Museum zu München besitzt einen W40" hohen Pocal
(aus Messingl), welcher dort unter dem Namen wPocal nach Zeichnung
von Virgil Solisu") bekannt ist. Die Gesammtform desselben erinnert an
W. Jamitzer und seine Einzelformen sind zum Theil ebenfalls von diesem
Meister entlehnt. Doch sind die Detailforrnen nur misslungene Abgüsse,
respective schlechte Copien nach Jamitzer und die Zusammenstellung der-
selben ist ohne Verständniss für den tektonischen Aufbau eines Pocals
und ohne Gefühl für Verhältnisse und Schwung der Linien gemacht, so
dass man überhaupt zweifeln darf, ob dieser Becher das Werk eines
älteren Meisters oder nicht vielmehr eine auf Täuschung berechnete,
moderne Arbeit ist. Der Deckel desselben ist viel besser gearbeitet und
seinem Formenkreise nach viel jünger als die übrigen Theile.
Auch eine Taufschüssel mit Kanne im Besitze des Grafen Herber-
stein zu Graz sind mit einzelnen Detailformen geschmückt, welche von
Jamitzer's Arbeiten abgegossen sein müssen.
Dass die überaus zahlreichen Entwürfe Jamitzefs, womit er sehr
freigebig war und welche er selbst oder Andere nach seinen Zeichnungen,
jedoch ohne Nennung seines Namens, in Kupfer gestochen haben, von den
Goldschmieden benutzt worden sind, liegt sehr nahe und findet sich un-
endlich oft. Diese Arbeiten sind dann an dem geringen Verständniss in
der Detail-Ausführung meist leicht kenntlich. R. Bergau.
Aus du: Budget das lludelsllnletorluns.
Das Gesammt-Erforderniss des Handelsministeriums für das Jahr 1876 ist mit
24.257581 (T. veranschlagt, die Bedeckung ist mit r ,57r.ooa B. eingestellt, woraus sich
ein Abgang von 4,68678: H. ergibt, lm Jahre x87? betrug der Abgang 3.028.437 6., es
wird somit for das nächste Jahr ein um r.658,344 (l. höherer Staatszuschuss erforderlich
sein. Drei Posten des Erfordernisses verdienen besondere Beachtung, weil sie zu den so-
genannten productiven Anlagen gehören, deren Vortheile jedoch erst in späterer Zeit zu
Tage treten werden; es sind dies die für gewerbliche Fuchschulen und Hilfsmittel der
gewerblichen Fachhildung, dann für eine Versuchsanstalt für Keramik, Glusund Email in
Wien, und für ein technisches Gewerbemuseum in Wien ausgeworfenen Summen. Für
gewerbliche Fachschulen und Hilfsmittel in der gewerblichen Fachbil-
dung sind 212.000 H. bestimmt, die nach dem Wunsche des Abgeordnetenhauses wieder
in das Extraordinarium übertragen wurden.
Besonders eingestellt erscheinen diesmal 6800 H. ihr die technische Versuchs-
anstalt für Keramik, Glas und Email in Wien, welche provisorisch im Jünner
1874 unter der Leitung des Chemikers der ehemaligen kais. Porcellanfabrik in Wien,
k. k. Finanzsecretärs Franz Kosch, erolfnet wurde und während der kurzen Dauer
ihres Bestandes - insbesondere in Folge ihrer Verbindung mit den ausgezeichneten
Fachkräften der Kunstgewerbeschule des k. k. Oesterr. Museums für Kunst und Industrie
sowie mit vielen Industriellen - im Gebiete der keramischen und BronzßDecoration
bereits sehr Erspriessliches geleistet hat.
Bei dem hervorragend kunstgewerblichen Charakter der von der gedachten Ver-
suchsanstalt gepflegten und geförderten sowie wissenschaftlich erforschten Techniken er-
scheint eine fortdauernd innige locale Verbindung dieses Institutes mit dem k. k. Ostern.
') Es durfte schwer sein, die yleichnung zu diesem Pocnl von Virgil Soli: oder
einem andern alten Meister nachzuweisen. Dagegen gibt es Kupferstiche von Virgil Solis
nach Zeichnungen von W. Jamitzer, welche Ornamente ähnlicher An, wie an diesem
Pocale sich finden, darstellen.