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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe X (1875 / 122)

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Musetain für Kunst und Industrie in Wien höchst wünschenswerth und sind die darauf 
abzielenden Verhandlungen bereits zum Abschlusse gediehen. Hiemit tritt jedoch auch 
die Nothwendigkeit ein, dass der Versuchsanstalt durch deren definitive Organisirung der 
Charakter der Stabilität verliehen werde. , 
Zur Errichtung eines technischen Gewerbemuseums in Wien sind 
100.000 B. in das Budget des I-Iandelsministeriums aufgenommen worden. In den Erlau- 
terungen zum Voranschlag: des Handelsministeriums wird diese Forderung folgender- 
massen IDOÜViNI 
wSchon seit dem Beginne der erhühten Thätigkeit des Handelsministeriums zur 
Hebung der gewerblichen Fachbildung hat sich das dringende Bedürfnis: nach einem 
technischen Gewerbemuseum in Wien als der Centralanstalt für alle gewerblichen Fort- 
schrittsbestrebungen in technischer Richtung herausgestellt. 
Dieses Bedürfniss musste um so empfindlicher fühlbar werden, als in kuns1gewerb- 
licher Richtung von Seite des lt. k. Oesterr. Museums für Kunst und Industrie mit wahr- 
haft glänzenden Resultaten die Forderung der Industrie und insbesondere auch des gewerb- 
lichen Fachunternichtes bereits seit einem Decennium in Angriff genommen worden war. 
In letzterer Zeit entstanden mehrere Provinzmuseen, so z. B. jene zu Reichenberg, 
Brunn, Olmtttz, Krakau, Lemberg, die Gewerbshalle zu Klagenfurt, und ist eine noch 
grossere Anzahl solcher Anstalten an verschiedenen Orten in der Entstehung begrilfen. 
Diese Museen haben die Piie e und Unterstützun sowohl der kunstgewerblichen 
als auch der technischen Richtung er Industrie zur Au gabe. 
Auch diesen Anstalten mangelt das Centralorgan in technischer Hinsicht. 
Geradezu unabweislich ist jedoch das Bedürfniss des gewerblichen Fachuntcrrichtes 
nach einem solchen Organe. . 
Abgesehen von den Fachschulen technischer Richtung, wie in den mechanischen 
Lehrwerkstätten, Uhrenindustrie-, Schuhmacher, Weber- und anderen Fachschulen, er- 
scheint für die Fachschulen der kunstgcwerblichen Kategorie, wie die Holzschnitb, 
Tischler-, Drechslen, Thon-, Porcellan- und Glasindustrie-Schulen u. s. f., die Pflege 
der technischen Seite ihrer Aufgaben gleich wichtig wie jener der kunstgewerblichen. 
Das Ausland ist mit der Errichtung technischer Gewerhemuseen schon vor langer 
Zeit Oesterreich vorausgeschritten. 
Aber auch in Oesterreich wurde der Gedanke der Errichtung eines technischen 
Gewerbemuseums schon im Anfange dieses Jahrhunderts, insbesondere aber bei Errich- 
tung des am 3. November 1815 eröffneten polytechnischen Institutes in Wien nachhaltig 
in Erwägung gezogen. 
Dieses Institut sollte nicht nur als Central-Lehranstalt für Handel und Industrie 
wirken, sondern auch ein technisches Museum oder Conservatorium für Künste und Ge- 
werbe sein, welches mit Hilfe der Sammlungen für Waarenkunde, der chemischen Prä- 
paraten- und Fabricatensammlung, der Modellensammlung, der mechanischen Werkstätte 
und dem Fabriks-Productencabinet eine anschauliche Darstellung des Zustandes der In- 
dustrialcultur und der ihr zugehörigen Wissenschaften und Hilfsmittel darzubieten be- _ 
stimmt ist. 
Alljährlich im September sollte im Gebäude des polytechnischen Institutes eine 
oifentliche Ausstellung von Fabriksproducten veranstaltet werden, um den Productionen 
der inländischen Gewerbeindustrie einen Vereinigunspunkt zu verschalfen, von welchem 
durch die gegenseitige Vergleichung sowohl eine rühmliche Nacheiferung als auch eine 
lebendige Erkenntniss und Uebersicht der jährlichen Fortschritte der lndustriccultur aus- 
geht und um den Fabrikanten eine günstige Gelegenheit zu verschaffen, die Fortschritte 
ihres Gewerbeileisses bekannt zu machen. 
Endlich sollte durch die Ernennung von Mitgliedern unter den Angesehenen und 
Honoratioren aus dem Handelsstande und der Zahl gebildeter Fabrikanten das polyteeh- 
nische Institut den Mittelpunkt eines Vereines zur Beförderung der Nationalindustrie 
bilden, durch welchen in Verbindung mit seinen eigenen Hilfsmitteln seine praktische 
Wirksamkeit in dem Masse befördert und erweitert wird, als sich dadurch die Theilnahme 
an dessen wissenschaftlichen Bemühungen und die Mitwirkung zu seinem Zwecke in einen 
grösseren Kreis verbreitet. 
Je mehr jedoch das polytechnische Institut durch eine ausreichende Dotation und 
die Mitwirkung hervorragender Lehrkräfte, theilweise sogar von europäischem Rufe, in 
die Lage versetzt ward, als Lehranstalt seine grosse Mission zu erfüllen, desto unbedingter 
wurden seine anderen Aufgaben dem Unterrichtszwecke neben- und untergeordnet, so 
dass dieses Institut in seiner neuen Gestalt als technische Hochschule gegenwärtig natur- 
gemäss nur mehr nach wenigen Richtungen hin, und nur insoferne sich dies mit dem 
Schulzwecke vereinigen lässt, den Aufgaben, welche sonst technischen Gewerbemuseen 
zukommen, vollständig Genüge zu leisten im Stande ware. 
Im Hinblicke darauf wurde auch im Jahre 1863 die Gründung eines Museums für 
Kunst und Industrie beschlossen, in welches zufolge des kaiserlichen Handschreibens vom
	        
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