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auf Gewerbe. Das Verständniss und die Liebe zur Kunst und zur Kunst-
übung müssen gefördert werden. Es handelt sich bei diesen Museen nicht
darum, das particulare Interesse der Fabrikanten und das Einzelninteresse
der Handwerker zu fördern - denn für solche particulare Interessen
gründet man keine Museen. Da müssen die Herren Fabrikanten aus ihren
Mitteln dafür sorgen, oder die Vertreter der Genossenschaften der ein-
zelnen Werke. Bei Museen müssen allgemeinere Gesichtspunkte mass-
gebend sein; nur dann, wenn diese nicht aus dem Auge verloren werden,
gewinnt jeder Einzelne am meisten, gleichgiltig, ob der Besucher des
Museums ein Arbeiter oder ein Fabrikant, der Erzeuger oder der Ab-
nehmer ist. Ebenso ist es grundfalsch, solche Museen auf nationaler
Grundlage allein aufzubauen. Die Waare, die für den Weltverkehr be-
rechnet ist, ist unempfindlich für nationale Schrullen. Dass die Leistungen
besser werden, dass der Handwerkerstand lernt und sich veredelt, dass
das Publicum seinen Gesichtskreis erweitert, das ist vor Allem nöthig.
Dazu sind in erster Linie die Museen berufen.
Fast unerlässlich ist es, Museen der Art mit einer Zeichen- und
Modellirschule oder einer Gewerbeschule in directe Verbindung zu bringen.
Alle kunstgewerblichen Museen, denen eine solche Verbindung fehlt,
büssen einen grossen Theil ihrer Wirksamkeit ein.
Unter den Kronlandsmuseen nimmt das mährische Gewerbe-
museum in Brünn eine hervorragende Stellung ein, es entwickelt eine
sehr erfreuliche Thätigkeit und ist mit seiner Organisation fertig. An der
Spitze steht Se. k. und k. Hoheit der durchlauchtigste l-Ierr Erzherzog
Rainer als Protector und ein Curatorium; als Secretär fungirt Herr
Heinr. Frauberger, der im Vereine mit Professor Rector Schön Vor-
lesungen abhält, vorwiegend kunstgeschichtlicher Art.
Die Anstalt wurde bis letzten Decetnber 1874 von 676, bis letzten
Jänner 1875 von 24.18 Personen besucht. Während der erste Sonntag
nur 30 Personen zum Besuche einlnd, fanden sich an einem der letzten
Sonntage 362 Personen ein. Gleichzeitig mit der steten Steigerung der
Besucher ist auch eine erfreuliche Vermehrung der Theilnahme der höheren
Classen wahrzunehmen. Einen hohen Percentsatz von der Besuchsziffer
nehmen die Schüler und Studenten ein. Ebenso steigt die Theilnahme
an den Vorlesungen; bei der ersten waren 33, bei der zweiten 58, bei
der dritten 71 Besucher, im Ganzen zwei Drittel Männer, ein Drittel
Damen. Es wurde vorzugsweise darauf Rücksicht genommen, dass bis
heuer in Brünn kein kunstgeschichtlicher Unterricht gepflogen worden.
Es war daher nöthig, eine populäre, die gewöhnlichsten Begriffe erklä-
rende, die technischen Ausdrücke vermeidende Vortragsweise zu wählen.
Für Fachleute dient die Bibliothek des Museums. Seit dem Monat März
ist die Bibliothek des Museums dem Publicum zugänglich und es beginnt
damit ein weiterer Theil des Institutes seine Wirksamkeit. Es ist die Absicht
der Museumsleitung, immer dann einer neuen Aufgabe gerecht zu werden