sammten jeweiligen Kuusttreibens anzuregen, sind Costümbilder in Oel-
malerei, Kupferstichen und Photographien beigegeben worden.
Die herrlichste Leistung unter all den schönen Nadelarheiten, die
hier in zwei dichtgefüllten Sälen dem Besucher vorgeführt werden, besteht
in einem sehr grossen Schleier von Point d'Argentan im Besitze der Fürstin
Kinsky, ebenso reich in dem stets wechselnden Dessin als unübertrefflich
in der Technik, durch welche die Vasen, Guirlanden, Festons und Bou-
quets, womit der zarte Tüllefond im Stil Louis XV. übersäet ist, dicht
und leicht gebildet erscheinen. Das kleine Städtchen Argentan setzte jedoch
im 17. und i8..Jahrhundert seine zierlichen Dentelles besonders häufig
nach Italien ab, und dort kamen sie unter dem Namen Argentella in Ge-
nua auf den Markt. Von dieser Sorte, welche selten wurde, liegen mehrere
ausgezeichnete Proben vor, ebenso von der feinsten aller französischen Spitzen
iener Epoche, dem Point de Sedan, wo seit 1665 auf königlichen Befehl
diese Industrie in grossartigstem Massstabe betrieben wurde. Im verflossenen
Säculum nahm der Point de Sedan die Dessinirung nach dem Geschmack
architektonischen Schnörkelwerks in Stucco an und excellirte dabei in der
wunderbar delicaten Ausbildung der unendlich feinen Reliefs auf dem
Fond der zarten Nadelarbeit.
Ausserordentlich reich ist die Manufacture Royale von Alencons ver-
treten, die ihre Gründung im Schlosse Lonray dem grossen Colbert ver-
dankt. Unsere Ausstellung enthält eine sehr grosse Menge von Mustern
dieser Fabrication, worunter Frau Fürstin Lamberg das Ausgezeichnetste
exponirt hat. Einmal sind es Streifen für Besätze mit verstreuter Muste-
rung und dichterem Saume, dann aber auch ganz dichtgefüllte Flächen
von der erstaunlichst mühsamen Technik. Als letztere führt die Alencon-
spitze den stolzen Titel des Point de France, in der That die Königin
aller Nadelarbeiten, aller Zeiten und aller Länder. Sie bedient sich {ign-
taler Musterung im Geschmacke des Rococos, gebietet über ein Heer der
rnannigfachsten Techniken, bildet den Fond (reseau) in unendlich abwechs-
lungsreichen Dessins und erforderte den grössten Zeitaufwand zu ihrer
Herstellung, obwohl das Princip der Arbeitstheilung eingeführt war und
circa zwanzig Nadelkünstlerinnen an jedem Stück beschäftigt waren. Schöne
Proben dieser Gattung hat das Museum selbst und mehrere Private aus-
gestellt.
Colberts Intentionen waren dahin gerichtet, sowohl Italiens als der
Niederlande überwiegenden Einfluss im Spitzenfache zu brechen, er liess
demnach die vorzüglichsten Producte beider Länder in den zahlreichen
Arbeitsstätten der neu begründeten Manufacture Royale nachahmen. Bald
aber war die Periode 'der Initiative ein überwundener Standpunkt und
entstanden in den verschiedenen Orten neue Stilrichtungen, welche von
den italienischen oder niederländischen Vorbildern zwar manches Tech-
nische und Formelle beibehielten, dennoch aber der vollendeten Leistung
etwas so ganz Neuartiges im Typus aufgedrückt zeigten, dass das Resul-