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ausstellung veranstaltet wird. Was aber in München vorgeht, berührt uns
zunächst und unsere speciellen Interessen; wir werden dort Gelegenheit
haben, Zustände und Leistungen von Künstlern und Kunstgewerbetreibenden
Deutschlands zu beurtheilen, und manche Nutzanwendung für Oesterreich
zu ziehen. Die grossen Ausstellungen sind nicht blos die Märkte für Kunst
und Gewerbe, sondern auch eine Schule für Alle, welche Erfahrungen
sammeln und Tlichtiges lernen wollen. Sie verständig benützen, das muss
auch diesmal unsere erste Aufgabe sein. R. v. E. -
.-
Ueber die Eröffnung der Ausstellung bringt die Augsb. wAllg. Ztgm
folgende zwei Berichte:
München, 14. Juni. Die Eröffnung der Deutschen Kunst- und kunst-
gewerblichen Ausstellung ging heute Vormittags programmmässig vor sich. Schon
in früher Morgenstunde hatte, wiewohl der Himmel einen baldigen Regen in Aussicht
stellte, unsere Residenzstadt ihr festliches Gewand angelegt, private und öffentliche Gebäude
waren auf das prachtigste beßaggt, und eine grosse Menschenmenge lenkte schon um
8 Uhr ihren Schritt nach dem Glaspalast, um bis zur Erödnung die aussere Decoration
des Ausstellungsgebaudes zu bewundern. Den Anfang der Feierlichkeit machte um 9 Uhr
ein von dem Abt Zenetti des Benedictinerstifts in der St. Bonifaciuskirche celebrirtes
Hochamt zur Feier des zäjahrigen Jubiläums des Münchener Kunstgewerbevereins, dem
der ll. Präsident der Kammer der Reichsrathe Frhr. v. Schrenck, Frhr. von und zu
Frankenstein in der Uniform des Georgi-Ritterordens, der l. und il. Präsident der Ab-
geordnetenkammer und eine grössere Anzahl Abgeordneter beiwohnten. Um halb tt Uhr
wurde das Ausstellungsgebaude geöffnet, in das nun eine nach mehreren Hunderten
zahlende Schaar von Ehrengästen strömte. Unter diesen bemerkte man die Minister v.
Pfretzschner, Dr. v. Lutz, Dr. v. Faustle, v. Pfeufer, v. Berr und v. Maillinger, den Erz-
bischof von München-Freising v; Scherr, den russischen Gesandten v. Ozerow, den der-
zeitigen Vertreter des österreichischen Gesandten um bayerischen Hofe, Legationsrath v.
Jäger, den preussischen Militar-Attache Major v. Stulpnagel, den französischen Gesandten
LeFebre de Behaine, den italienischen Gesandten Grafen v. Zanini, den württembergischen
Gesandten v. Soden, den sächsischen Gesandten v. Fabrice, den päpstlichen Nuntius
Bianchi, eine grosse Anzahl von Otlicieren aller Waffengattungen und die Senioren der
hiesigen Studentenverbindungen. Um ll Uhr erschien der Vertreter Sr. Mai. des Königs,
Se. kgl. Hoh. Prinz Luitpold, mit den Prinzen Ludwig, Arnulph, dem Herzog Ludwig,
den Prinzessinnen Ludwig und Gisela, gefolgt von den höchsten Hofchargen und Adjutanten.
Das Ausstellungscomite empfing Se. kgl. Hoh. am Eingange des Ausstellungsgebaudes und
geleitete denselben an den für die Feierlichkeit vorbereiteten Platz. Das auf der Galerie
postitte Orchester spielte, nachdem Se. kgl. Hoheit Platz genommen, die Festhymne,
worauf der l. Präsident des Ausstellungscomitäs, Director v. Miller, eine kurze Anrede
hielt. (S. unten.) Prinz Luitpold drückte mit kurzen Worten seine Anerkennung der
Verdienste aus, welche sich der Münchener Kunstgewerbeverein um die erhabene Sache
der Kunst erworben, und erklärte im Namen Sr. Mai. des Konigs die Ausstellung für
eroßnet. Hierauf brachte Director v. Miller Sr. Mai. detn König, dem Protector der
Ausstellung, ein dreifaches Hoch aus, in das die Versammlung begeistert einstimmte.
Wahrend nunmehr das Orchester die bayerische Nationalhymne vortrug, liess sich Prinz
Luitpold die Vorstände der auswärtigen Ausstellungscomites durch das Directorium vor-
stellen und unterhielt sich mit den einzelnen Persönlichkeiten auf das lebhafteste, auch
mit dem päpstlichen Nuntius tauschte Se. kgl. Hoheit einige verbindliche Worte aus. Die
Gemahlin des Prinzen Leopold, Erzherzogin Gisela, liess sich ebenfalls mehrere Mitglieder
des Ausstellungscomites vorstellen und beehrte insbesondere den l. Präsidenten v. Miller
mit einer längeren Unterredung. Nachdem die Vorstellungen beendigt waren, trat Prinz
Luitpold, seine Schwiegertochter die Prinzessin Ludwig am Arm und von dem Directorium
begleitet, den Rundgan in der Ausstellung an, wahrend das Orchester verschiedene
Musikstücke spielte. Au die detaillirte Beschreibung der Ausstellung, an deren Vollen-
dung gegenwartig noch viele Hände emsig arbeiten, werden wir in späteren Berichten
zurückkommen; für jetzt genüge, dass der Anblick, der sich beim Eintritt in das Aus-
stellungsgebaude dem Auge des Besuchers bietet, ein wahrhaft imposanter ist: im Vorder-
grunde die Büste Sr. Mai. des Königs, dann drei Springbrunnen, die ihre Strahlen auf die
eine hübsche Anlage bildenden exotischen Gewächse herabfallen lassen; im Hintergrunde
sieht man durch ein Thor von blinkendem Erz die i-Werke unserer Vater," bestehend