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aus den verschiedenartigsten Kunstgegenstanden aus früheren Jahrhunderten; rechts von
diesem Thor ist die Büste des Deutschen Kaisers und links die des Kaisers von Oester-
reich angebracht. Fahnen in den Farben aller deutschen Länder und Städte bekunden,
dass alle deutschen Stamme sich in den Leistungen auf dem Gebiete der Kunst und der
Kunstgewerbe zu ubertreifen suchen und ihr Bestes geschickt haben. Der Rundgang
nahm über zwei Stunden in Anspruch, so dass die Feier erst utn halb 3 Uhr Nachmittags
beendigt war. Dem allgemeinen Besuch ist die Ausstellung von morgen Nachmittags
2 Uhr an gebifnet.
München, 14. Juni. Die Ansprache, welche der Präsident v. Miller heute bei
ErtSEnung der Kunst-In d ustrie-Ausstellung hielt, hat folgenden Wortlaut: wAls
uns die freudige Kunde geworden, S. M. der König habe das Protectorat für unsere Aus-
stellung zu übernehmen geruht, war sie von folgenden Worten begleitet: vvon dem edlen
Wettstreite, welcher durch solche Ausstellungen machtig angeregt wird, erwarten Se.
Majestät mit Zuversicht den besten _Erfolg für die erhebende Fliege der Kunst.n Diese
Zuversicht unseres Königs und der Glaube, dass das deutsche Volk und seine erhabenen
Fürsten eine grosse Idee jederzeit mit Begeisterung begrüsst, gaben uns den Muth ein
solches kühnes Unternehmen zu wagen. Die grossen Weltausstellungen, diese friedlichen
Kampfe der Neuzeit, brachten den Deutschen zwar manchen Erfolg; deutscher Fleiss,
deutsche Geschicklichkeit ward uns noch nirgends abgesprochen, allein gar oft fehlte
unseren Werken die Weihe der Schönheit, welche die Kunst dem Fleisse zu geben ver-
mag - im Laufe der Zeiten war sie entfremdet worden, die Kunst, der lärmenden
Werkstatt; sie zog sich zurück in ihre stillen Raume oder schwelgte in höheren Sphären.
Unsere Zeiten kannten keine solche Trennung zwischen Kunst und Handwerk, das be-
weisen hier ihre wunderbaren Werke, an denen wir lernen wollen, an denen wir uns
erbauen wollen. Diesen Zustand zu bekämpfen, Künstler und Handwerker wieder ein-
ander naher zu bringen, besseres Verständniss versuchsweise anzubahnen, das Handwerk
durch die Kunst zu veredeln, Sinn für das Schone allenthalben zu erwecken und zu ver-
breiten, das waren seit 25 Jahren die angestrebten Ziele des Münchener Kunstgewerbe-
Vereins, dessen schönsten Jubeltag wir heute feiern. Es war ein schwerer Anfang für
einen Verein, der mit so wenig Mitteln ausgesattet ist, eine so gewaltige Au sstellung zu
unternehmen; welche Garantie konnten wir unsern Ausstellern bieten, falls wir Unglück
hätten? Da half die Hochherzigkeit unserer Mitbürger, d_ie sich mit grossen Garantie-
Summen schützend uns zur Seite stellten - nicht zögerte auch die bayerische Kammer,
die Garantien zu genehmigen, welche unsere Staatsregierung für uns erbeten, und gnädig
unterstützte uns unser erhabener Protector das Beginnen "zu erleichtern. So ausgerüstet
richteten wir unsere Bitte, beizutragen zur Ehre der deutschen Nation, an alle deutschen
Völkerstamme, so weit die deutsche Zunge reicht, klang unser Ruf, und fand Gehör
allüberall. Kaiser und Könige - Fürsten, Kirchen und Gemeinden Oßheten ihre Museen,
Private vertrauten uns] ihre Schätze an, und gar mancher Hausvater _trennte sich vom
liebsten Familien-Kleinod. Auch selbst über das Meer sandte uns l. M. die Königin
Victoria von England die deutschen Arbeiten aus dem Kensington-Museum - Dank,
innigen Dank allen mit tiefster Seele! Gilt es ja dem Ruhme der Vater. So sehen wir
hier nun die kostbarsten Schätze des Alterthums in solcher Fülle vereint, wie sie noch so
vereint kein Auge früher gesehen, und der Gedanke ist gewiss erhebend: es sind lauter
Werke unserer Vater. Bald regte sich's nun in allen Werkstätten und Ateliers, die
Jugend sandte die Erfolge ihrer Studien aus den Kunstschulen, die Architekten, diese
natürlichen Vermittler zwischen Kunst und Handwerk, ihre Pläne, ein reiches Bild dessen,
was deutscher Fleiss und deutsches Handwerk vermag, wenn es von Künstlern geführt,
liegt vor unseren Augen, ein Anfang nur ist es, ein erster Versuch, dennoch laden wir
ein alle Völker der Erde zu schauen, dass auch in diesem Falle wir ebenbürtig sind der
Nachbarvölker. Königliche Hoheit! Seine Majestät der König hat Eure königliche Hoheit
mit der Erolfnung dieser deutschen Kunst- und Kunstindustrie-Ausstellung zu betrauen
geruht - wir bitten diesen feierlichen Act nunmehr gnadigst vornehmen zu wollen -
moge Gott in dieser Zeit uns schützen und schirmen! Möge dieses Unternehmen Segen
bringen all unsern deutschen Brüdern! Das ist unsere Hoffnung, das wird für uns der
reichstf Lohn sein. Vereint gedeihe Kunst und Gewerbe für und für in allen deutschen
Gauen."
Memorandum der Wiener Bildhauer.
Die Wiener Journale veröifentlichen den Wortlaut eines Memoran-
dums der Wiener Bildhauer, welches durch eine Deputation den Mini-
stern Dr. Stremayer, Dr. Freih. v. Lasser, dem Obersthofmeister und